Exkursion zu den Annaberger Erzstollen
10. September 2012 von Bernhard Baumgartner
Am Samstag, 8. September, startete mit Jakob unsere schon längst versprochene Bergwerksexkursion. Als Ziel waren die alten Erzbergbaue am Hocheck und Galmeikogel in der Annaberger Schmelz naheliegend.
Insgesamt waren wir gute vier Stunden unterwegs, noch dazu ohne Proviant! Aber zum Glück hatte Jakob in seiner Trinkflasche ganz gewöhnliches Wasser eingefüllt, und das bekam dann Checky in einer aus einem Plastiksackerl improvierten Trinkschüssel zur rettenden Labung.
Beim Dachsboden entdeckt man oberhalb der Forststraße unschwer im Hochwald die vorspringenden Haldenaufschüttungen. Wir fingen allerdings schon zu früh mit dem Suchen an, entdeckten vorerst nur einige verdächtige Gräben ohne Stolleneingänge, aber die Mühe lohnte sich dennoch. Denn hier gibt es zwei noch freiliegende Eingänge, die wir ein paar Meter weit besichtigen konnten, weiter hinein trauten wir uns selbstverständlich nicht, und gehämmert wurde nur im Freien! Übrigens sammelten wir daneben noch ein ganz schönes Sackerl Eierschwammerl!
Nach weiterem Aufstieg zur Straßenkruzung östlich vor dem Steilanstieg des Hochecks gingen wir kurz links auf dem Forstweg zum Stollenportal in der Felsrippe, wo unterhalb eine steile Geröllhalde in den Erzgraben hinabzieht (Achtung – vom Hang oberhalb Steinschlaggefahr!). Das rechte Loch endet nach ein paar Metern, aber dafür stießen wir dort auf eine Eidechse mit eigenartiger Zeichnung.
Aus dem linken, im harten Kalkstein bestens erhaltenen Stollen wehte ein kalter Luftzug heraus. Ein Stück wagten wir uns hinein, aber den schönsten Steinfund machte Anni dann weiter heraußen. Als Jakob den Brocken zertrümmerte, kam ein bunt glitzernder “Mineralquerschnitt” zum Vorschein, den wir aber nicht näher zu benennen wussten. Aber immerhin war es ein “schöner” Funde, und Jakob ordnete ihn als Silbererzschatz ein, weshalb die Expedition letztlich erfolgreich war.
Mittag war schon längst vorbei, mit Jakobs spärlichen zwei Schokoriegeln und ein paar Maoam stärkten wir uns notdürftig. Dann ging es an den Rückweg – nördlich hinauf zur Almwiese und auf der geradeaus weiterführenden Forststraße an der Westseite des Galmeikogels entlang. Leider konnte ich den in der Karte angedeuteten und von uns auch schon vor längerer Zeit begangenen Abstieg in die Koteau nicht ausmachen. Wir hielten uns bei der folgenden Kreuzung auf der anscheinend besseren Trasse rechts in der Hoffnung, dass diese neue Forststraße nicht irgendwo im Wald oder weiter nördlich am “Eisernen Löffel” enden würde (Steilhang mit Schlaggelände seit den Windwürfen der Winterstürme vor einigen Jahren). Tatsächlich ging die voll Lastauto-taugliche Forststraße brav mäßig bergab weiter, drehte aber bald nach Süden und mündete wieder in unseren Aufstiegsweg… also nix mit Rundtour…
Die letzten paar hundert Meter zum Auto waren wir alle vier schon ziemlich “geschlaucht”, aber die Einkehr im Gasthauf Meyer in Annaberg brachte uns bald wieder in Schwung, wenn auch diese Mittagsmahlzeit erst im halb fünf Uhr zustande kam.
Ich füge hier die Bilder von unserer “Expedition” ein und eine Routenkarte mit Eintragung der nennenswerten Stollen, soweit sie mir bekannt sind. Wer mehr über das Annaberger Erzrevier wissen will, kann in Karl Oswald´s und meinem “Naturerlebnis NÖ” nachlesen. Zusätzlich habe ich einen ausführlichen Text aus dem Entwurf dieses Buches angeschlossen.
Im Annaberger Erzgebirge („Silberstollen“ am Hocheck)
Wohl jedem Mineralienfreund wird „Annaberg im Erzgebirge“ als historisch bedeutender Bergbauort in Sachsen ein Begriff sein. Dass der bekannte Wallfahrtsort Annaberg in Niederösterreich einst auch durch sein „Erzgebirge“ berühmt war, wissen jedoch nur die Einheimischen und heimatkundlich Interessierte. Nicht zu vergessen jene Forscher, die mit unermüdlicher Ausdauer seltenen Mineralien und oft damit verbundenen, längst aufgelassenen Bergwerken auf der Spur sind.
Die folgende, für Laien fast kurios anmutende Geschichte begann 1772. Damals beschrieb Ignaz von Born erstmals einen gelb-rot durchscheinenden Bleispat mit unserem Annaberg als Fundort. Dieses sogenannte Gelbbleierz wurde später zu Ehren des berühmten Naturforschers Wulfen als „Wulfenit“ bezeichnet. Bei einem Besuch im kärtnerischen Bleiberg bekommt man dieses dort gar nicht so seltene Mineral sogar als Andenken zu kaufen. Die Belege aus Annaberg sind hingegen historische Funde, aufbewahrt u. a. im Wiener Naturhistorischen Museum und in der Stiftssammlung von Lilienfeld (der damaligen Grundherrschaft von Annaberg). Als Teil der Born´schen Sammlung gelangte der Wulfenit sogar in das Britische Museum in London. Neufunde aus Annaberg gab es seither nicht mehr, und so wurde der niederösterreichische Fundort als „Typlokalität“ allmählich angezweifelt. Nicht jedoch von einem fanatischen Mineralienforscher namens Christian Auer aus Neunkirchen, der die Suche nach dem Annaberger Wulfenit nicht aufgab.
Mehr als 200 Jahre nach den Erstfunden ereignete sich schließlich 1983 „ein kleines mineralogisches Wunder“, wie die Fachwelt meint. Für Annaberg als historischen Bergbauort war es sogar ein epochales Ereignis! Christian Auer gelang die Öffnung der Nepomuk-Grube am Galmeikogel, und dort fand er in der Folge mit seinen Gefährten nicht nur Wulfenit, sondern auch Vanadinit und Descloizit. Diese beiden Minerale waren „von den Alten“ nicht erkannt worden, sonst wäre auch für sie Annaberg als „locus typicus“ in Frage gekommen. Für den Wulfenit bleibt Bleiberg weiterhin das wichtigste Vorkommen. Annaberg gilt jedoch als gesicherter „Erstfundort“ und soll nunmehr als „Typlokalität“, wo dieses Mineral auch erstmals beschrieben wurde, endgültig Anerkennung finden.
Seinen Ruf als „Erzgebirge“ verdankt Annaberg allerdings nicht dem Wulfenit, sondern einem überaus ergiebigen Silberbergbau, der allerdings nur von 1752 bis 1767 bestand. Die Annaberger Grube, an der sogar Kaiserin Maria Theresia Anteile hatte, galt zu dieser Zeit als reichstes Silbervorkommen der Monarchie. Wie bei den anderen hier erschlossenen Bodenschätzen (Eisen, Blei und Zink) waren die Lagerstätten aber nur kurze Zeit oder überhaupt zu wenig ergiebig. Förderung und Verarbeitung der Erze wurden daher bereits im 19. Jahrhundert endgültig eingestellt. Kohlebergbau betrieb man zuletzt um den 1. Weltkrieg, und Versuche zur Wiederaufnahme der Eisengewinnung blieben 1939 / 40 wegen zu geringer Rentabilität vergeblich. Heute gibt es nur mehr wenige Erinnerungen an die Bergbauzeit: Den Ortsnamen „Schmelz“ für die ehemaligen Verhüttungsanlagen am Lassingbach und die 1758 und 1765 geprägten Annaberger Maria-Theresien-Taler.
Von weitaus längerer Dauer war die Gipsgewinnung in Annaberg. Bereits 1753 brachte der Annaberger Pfarrer als Verwalter des Stiftes Lilienfeld Gips in den Handel, und erst 1922 wurde der letzte Gipsstollen beim Bergbauern geschlossen. 1990 stieß man dort bei der Suche nach Wasser für die Beschneiungsanlagen auf eine leider für den Besuch nicht erschlossene „Seegrotte“. Der früher als Baustoff und Düngemittel verwendete Gips entstand am Beginn des Mesozoikums (Erdmittelalter) durch teilweise Eindampfung seichter Küstenlagunen in einem sehr trockenen Klima. Wie die alpinen Salzlagerstätten ist er in den tiefsten Gesteinsformationen der Kalkalpen, den Werfener Schichten, enthalten. Im Zusammenhang mit Gips finden wir noch heute in Annaberg eine merkwürdige, leider nur wenig beachtete geologische Naturerscheinung. Es sind die tiefen Kluftbildungen auf dem „Ginsel“ (neben dem Spazierweg zwischen Gamsburg und Ötscherbankerl), hervorgerufen durch das Abgleiten der starren Kalkgesteine auf dem Gleithorizont der unterlagernden, gipshältigen Werfener Schichten.
Das bemerkenswerte „Augenbründl“ im Annaberger Zeiserlgraben (unterhalb der einst als Bergverwaltung dienenden Volksschule) ist jedoch längst versiegt. Es weist aber auf den geologisch-medizinischen Hintergrund so mancher Legende hin, wie sie sich um die an Wallfahrerwegen häufigen Heilbrunnen ranken. Diese Quellen können nämlich durch Vererzung der Kalkschichten, aus denen sie entspringen, einen wenn auch oft nur geringen Zinkgehalt aufweisen. Dieser wiederum ist die Ursache für ihre bei Augenleiden lindernde oder sogar heilsame Wirkung!
„Silberstollen“ am Hocheck: Geologische Rundwanderung zu den ehemaligen Erzstollen am Galmeikogel und Hocheck.
Route: Annaberg / Innere Schmelz – Dachsboden – „St. Anna-Fundgrube“ – Ortbauernalm – Gsenger – Eiserner Löffel – Koteau; ca. 2 Std., Seehöhe 863 bis 1190 m.
Südwestlich von Annaberg kommt es zu einer „tektonischen Komplikation“, durch die Erzlager mit Silber, Blei, Zink, Eisen und Kupfer entstanden: Das aus Annaberger Kalk aufgebaute Hocheck gehört (nach neueren Untersuchungen) mit den Lunzer Schichten des „Schmelzfensters“ zur Sulzbachdecke. Von Nordosten her reicht die Dolomitzone der Reisalpendecke bis in den Erzgraben. Einen Ausläufer der Unterbergdecke bilden die Gutensteiner Kalke des Galmeikogels und die eingelagerten Werfener Schichten mit ihren kupferhältigen, aus Basalten des Ozeanbodens entstandenen Diabasvorkommen.
Zufahrt durch die Schmelz bis zur Abzweigung Richtung Fadental (Parkmöglichkeit). Ein kurzes Stück auf der Ulreichsberger Straße weiter und auf der rechts abzweigenden Forststraße ansteigend den Waldrand entlang. Am sumpfigen Boden und an den Sandsteinaufschlüssen der Böschungen und Gräben sind die Lunzer Schichten erkennbar. Im folgenden Wald tritt jedoch bereits Annaberger Kalk hervor, der auch die Felsabbrüche über der Engstelle des Lassingbachs aufbaut. Erst jenseits der Bergecke kommen wir in den Bereich der erzführenden Gutensteiner Kalke. Im flacheren Gelände befindet sich rechts neben der Straße ein verschütteter Stolleneingang mit Resten der Zimmerung. Kurz danach erblickt man oberhalb im Hochwald auffallende Vorsprünge – die Halden von zwei noch offenen Stollen! Wir befinden uns im Bereich der „Lilienfelder Eisenstollen“, die bereits ins 15. Jahrhundert zurückreichen. Sogar noch 1940 wurde für diese Brauneisensteinlager, allerdings vergeblich, das Schürfrecht für ein Grubenfeld „Bergmannsglück“ beantragt.
Bei der Waldwiese am Dachsboden zweigt links eine Forststraße zum Erzgraben ab, wir gehen aber geradeaus und kommen nach der „Finsterreit“ zum Bergrücken mit dem „Barbarabild“ (Anmerkung: Diesmal nicht gesehen). Rechts bemerkt man hier einen Ziehweg (Anmerkung: Neue Forststraße, über die wir beim Rückweg wieder in die Aufstiegsroute einbogen) Richtung Galmeikogel, wo 1765 der „Hoffnungsbau“ auf Blei-, Zink- und Kupfererze eröffnet wurde (Galmei ist ein auch „Bergmilch“ genanntes Zink-Mineral). In der wieder verschütteten Nepomuk-Grube wurden 1983 die bereits erwähnten Wulfenit-Kristalle gefunden.
Die am Hang des Erzgrabens weiterführende Forststraße bietet schöne Ausblicke zum Großen Sulzberg (Anmerkung: Derzeit schon ziemlich verwachsen). Wo sie sich auf das Hocheck zuwendet, fällt oberhalb ein verschütteter Stolleneingang auf, und kurz danach zieht eine Felsrippe vom Galmeikogel herab. Rechts an der Fichtenaufforstung vorbei erreicht man hier einen abgespaltenen Turm aus dünnplattigem Gutensteiner Kalk mit einem Felsfenster. Die Kluftbildungen sind wohl durch den Gleithorizont der vom Erzgraben heraufziehenden Werfener Schichten entstanden, die kurz danach entlang der Forststraße durch ihre rötliche Färbung auffallen. Bei der Kehre links abzweigend, kommt man zur „St. Anna-Fundgrube“ mit dem in einer Felsrippe aus Annaberger Kalk sich öffnenden Silberstollen.
Zurück zur Forststraße und auf dieser, am steil aufragenden Hocheck entlang, ansteigend zur Sattelwiese der Ortbauernalm (früher „Hollerer-Alm“ genannt und Fundort der ersten „silberglänzenden Steine“ im Jahr 1751). Die links ansteigende Forststraße führt zum Hocheck, man geht aber geradeaus weiter zum flachen Rücken des „Gsenger“, wo links eine neue Forststraße mit prachtvollem Ötscherblick am Bergrand entlang weiter führt.
Diese Route haben wir diesmal nicht gefunden: Gleich bei deren erster Biegung geradeaus zu einem alten Ziehweg hinab, dessen feuchter Rand die unterlagernden Werfener Schichten verrät (der Flurname „Sulz“ wird häufig für feuchte Geländestellen verwendet). Im folgenden Grabengrund auf Steigspuren rechts bergab zur Forststraße am „Eisernen Löffel“.
Auf dieser rechts weiter bis vor die nächste Kehre mit Tiefblick in die Schmelz. Hier fallen an den Böschungen bereits wieder die bräunlichen Sandsteine der Lunzer Schichten auf. Der Hochwald ist auf diesem vegetationsfreundlichen Boden dicht mit Moosen und Farnen bewachsen, bei der unteren Kehre treten über dieser wasserstauenden Schicht Karstquellen hervor. Im folgenden Graben wächst stattlicher Hochwald von Tannen, Fichten und Rot-Buchen, durchsetzt von ausgedehnten Feuchtbiotopen. Hier wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Gewerken Fischer aus St. Aegyd ein Kohlebergbau eingerichtet, der auch noch während des 1. Weltkriegs in Betrieb war. In der folgenden Koteau, wo die Straße zum Ausgangspunkt zurückführt, bestand das Maschinenhaus der „Gewerkschaft Annaberg“ (Lassingrotte Nr. 25).
3 Reaktionen zu “Exkursion zu den Annaberger Erzstollen”
Danke der facebook-freundschaft “Abenteuer Natur” für den Hinweis zum “Höhlendrachenbild” – Bergeidechse!
das schaut ja lässig aus für junge forscher – noch dazu unter fachkundiger anleitung. sowas fehlt bei uns leider in der familie. innere /außere schmelz bin ich am samstag den 8ten eh vorbeigefahren ( oder eher gekrochen) – mit dem rr , da war ich nach einer “kleinen runde” durchs mostviertel schon etwas “ma” – wennich dazu komme kopier ich den bericht den ich auf gipfeltreffen erstellt habe hier herüber ( sehe grad den herminensteigtrip hab ich auch noch nicht in meinen blog verlagert!
Ja bitte, mach das, freuen uns alle über jeden neuen Bericht!
Schöne Herbsttouren noch und Grüße! BB