Pöggstall: Traunfellner Weg
6. Dezember 2015 von Bernhard Baumgartner
Am 8. November haben Anni und ich eine schöne, aber teilweise nicht aktuell markierte Runde an der “Sonnseite” von Pöggstall gemacht. Dabei kamen wir zur Fürnberg´schen Poststraße, zum Schwedenkreuz und stiegen über Bergern wieder ab – ein Sonnentag, so recht zum “Meran des Waldviertels” (wie Pöggstall auch genannt wird) passend.
Mit diesem stimmungsvollen Ausblick beginne ich meine Wanderung am 4. Dezember, Barbaratag und schon eher winterlich wirkend, zumindest am Morgen mit Reif und Hochnebel. Weil die Strecke zwischen Pöggstall und Bergern schon von der letzten Tour bekannt ist, nehme ich als Start das Dörfchen Gerersdorf. Dorthin werde ich am Schluss der Wanderung von Braunegg her zurückkommen.
Die Kapelle ist schon adventlich vorbereitet, und zum Aufwärmen folge ich der Straße Richtung Pöggstall bis zur Abzweigung des nächsten Weges Richtung Loibersdorf, noch ehe die “Weites Tal” genannte Mulde erreicht wird. Hier befindet sich oberhalb im Wald bei einer riesigen Rotföhre die Station Nr. 3 des Themenweges “Stein und Zeit”, beschrieben wird der Dobra Gneis, das erdgeschichtlich älteste Gestein Österreichs. Wie die folgenden Infotafeln bietet sie eine sehr fundierte und doch allgemein verständliche Beschreibung.
Das idyllische Seitental entlang geht es gemütlich, nur zuletzt links etwas steiler hinauf nach Loibersdorf, das auf der Asphaltstraße durchquert wird. Der Gasthof-Heurige dürfte sehr bekannt sein, in dieser “toten Saison” sind aber alle Einkehrmöglichkeiten leider geschlossen, also bin ich wieder einmal als Selbstversorger unterwegs. Inzwischen strahlt die Sonne ungehindert, und über den Nebelfeldern im Donautal und Alpenvorland taucht der Ötscher auf, so klar, als stünde er gleich hinter dem Weitental!
Am Ortsanfang von Bergern mündet der Traunfellnerweg Nr. 64 gemeinsam mit dem Ysper-Weitental-Rundweg Nr. 22 als direkter Zugang von Pöggstall her ein (mein Aufstieg hierher war die Variante 64a). Mit immer prächtigerer Aussicht führt die Route noch immer auf Asphalt, am Rinderzuchtbetrieb “Zeller am Berg” vorbei bis zur nächsten Bergecke, dort hinein in die dichten und steilen Wälder über dem Loibersdorfer-Bach-Graben.
Die folgende Wiesenmulde lässt schon die nahe Hochfläche ahnen, obwohl kaum 250 Höhenmeter bewältigt sind – also im Waldviertel ist das Wandern schon gemütlicher als in den Voralpen! Einer kurzen Kehre folgt wieder eine längere Gerade in den obersten Waldgrund hinein, bis Markierungstafeln die Wendung um einen Bergrücken herum endgültig ins Höhengelände anzeigen.
Vom folgenden Wiesenweg aus, der mit burgartig aufgetürmten Siloballen “verziert” ist, öffnet sich der Blick auf die Alpenkette überraschend weit ins Oberösterreichische hinein. Die wildesten Zacken müssen wohl noch zum Gesäuse gehören, das anschließende Tote Gebirge ist mir aus diesem Blickwinkel nicht so vertraut, dass ich einzelne Gipfel benennen könnte.
Beim Gehöft Straßreith (weist wohl auf einen alten Weg Richtung Kirchschlag hin) bin ich dann auf einem nach dem Morgenfrost etwas gatschigen Güterweg, ein kurzes Asphaltstück wendet sich links ab Richtung Muckendorf. Hier darf man die Abzweigung nicht übersehen, ist auch gut beschildert, und gleich danach treffe ich unterhalb eines gepflegteren Bauernhofs (nach der aufgehängten Wäsche vermutlich kinderreicher als vorhin) auf eine Wegkapelle. Diese ist, wie die Wegkreuze an meinem Wanderweg, schon adventlich hergerichtet.
Nun bin ich schon gute zwei Stunden unterwegs, und die Zeit scheint mir davon zu laufen, denn Braunegg ist noch immer nicht in Sicht, und danach geht es ja noch weit hinunter ins Tal! Der Weg an den Wiesenrändern entlang ist aber zu schön, um sich allzu sehr zu beeilen, und muss zur Vegetationszeit einfach herrlich sein. Eine Markierungstafel weist auf eine Abzweigung nach 400 Metern, gut so, denn die Verzweigung des Wiesenweges wäre sonst leicht zu übersehen. Rechts haltend geht es noch ein Stück so hübsch weiter bis zur Einmündung in die von Muckendorf kommende Seitenstraße, hier wieder ein Wegkreuz. In der Kapelle vorher war es wohl ein renoviertes Friedhofskreuz (datiert mit 1888), hier ist 1970 ein Neunzehnjähriger verunglückt, und später am Langen Berg steht ein Kreuz an der Stelle, wo im strengen Winter 1929 ein Mann erfroren ist – alle Kreuze sind gepflegt, mit Reisiggebinden frisch versehen und erinnern nach langer Zeit noch an schwere Schicksalsfälle.
Die Braunegger Straße wird bei der Flurstelle “Wiegenhalde” erreicht, und hier schwenkt der Yspertalweg-22 Richtung Raxendorf und Weiten ab. Ein Blick in die Karte zeigt Interessantes – die Straße führt nordwärts nach Höllerbrand und Scheib, wo auf ein “Museum der 1000 Mineralien” hingewiesen wird. Passt sicher gut, denn geologisch bewege ich mich hier in der “Bunten Serie” des Waldviertels, wo viele verschiedene Mineralien auftreten (bei Straßreith gab es am Kaltenberg sogar einen Graphitabbau). Die Verhältnisse lassen aber nicht ans beschauliche Dahinwandern denken, denn ein scharfer Westwind pfeift über die wellige ungeschützte Hochfläche. Noch dazu rennt ein schwarzer Hund in weitem Bogen um mich herum übers freie Feld, um dann im nächsten Dorf mich samt Verstärkung durch die örtlichen Köter heftig zu verbellen! Wäre nicht der ferne Alpenhorizont über den Nebelschichten zu sehen, könnte ich mich wie in einer Einöde ausgesetzt fühlen…
Braunegg – nicht zu verwechseln mit dem vom Fernsehfilm bekannten bzw. berüchtigten Braunschlag – ist ein typisches Waldviertler Dorf, wie es aktuell dort überall ausschaut. Das ist durchaus wohlwollend und anerkennend gemeint, denn die Zeiten des “armen” Waldviertels sind Gott sei Dank eher in der jüngeren Vergangenheit versunken. Überraschend stattliche, oft sogar protzige Neubauten stehen neben verfallenden Althäusern, unbewohnte Vierseithöfe dämmern dem Verfall entgegen, daneben ein neues Feuerwehrhaus, in Braunschlag gleich zwei einladende, aber wie schon festgestellt, leider geschlossene Gasthöfe. Das vorige Bild enthält das Arbeitsgerät dieser Jahreszeit – einen ziemlich neuen Pflug und ein “antikes” Güllefass samt dem Jauchespender darüber…
Von der Kreuzung nach dem Dorf schwenkt die Markierung leicht rechts haltend zu Wiesenböden mit weiterhin prächtigem, aber schon etwas mittägig verschattetem Alpenblick ab. Zuletzt auf Asphalt zum Weiler Oed, und hier ist es gut, genau auf die Karte zu schauen bzw. die Markierungstafeln ernst zu nehmen. Denn auf der Straße geht es ein Stück bergauf, bis der Weiterweg abzweigt. Inzwischen bin ich schon drei Stunden (und das nicht zu langsam) unterwegs, höchste Zeit für eine kurze Labung mit einem kleinen Energieweckerl und einem Schluck aus der Thermosflasche. Und ich habe gar nicht mehr daran gedacht – beim raschen Aufbruch in der Früh ein Packerl Pocketcoffe in den Rucksack gesteckt, jetzt meine Rettung vor dem Energieversagen…
Hier ist nun das Wegkreuz mit dem Kälteopfer von 1929, und bis zum nächsten Bild mit Blick auf Ruine und Burg Streitwiesen (zwischen Weiten und Pöggstall) liegen 40 Minuten scharfe Gehzeit über den echt so sich erweisenden Langen Berg. Zum Glück ist im dichten Waldgelände, gerade dort wo nur eine spärliche Spur besteht, mit Zwischenmarkierungen (gelbe Taferl) nicht gespart! Die später folgende Forststraße hingegen ist sogar asphaltiert, und danach kann ich in die untere Braunegger Straße einbiegen. Zwei Kehren noch, dann komme ich nach Gerersdorf und beim Traunfellner-Haus vorbei. Hier lebte der durch seine Bilder (vor allem auch Holzschnitte) überregional bekannte Waldviertler Künstler Prof. Franz Traunfellner (11913 – 1986). Ich durfte ihn in meinen ersten Jahren als Buchautor bei einer Veranstaltung des NÖ Pressehauses / Buchverlag persönlich kennenlernen und habe ihn als sehr freundlichen und sehr bescheidenen Menschen in bester Erinnerung.
Die Gerersdorfer Kapelle wirkt (mit dem Peilstein am Ostrong im Hintergrund) schon mehr frühlingsmäßig als dezemberlich, als ich nach fast viereinhalb Stunden wieder beim Auto am Ausgangspunkt eintreffe. Insgesamt hat mich der Traunfellnerweg-64 äußerst angenehm überrascht, eine relativ lange Tour (fünf bis sechs Stunden von Pöggstall) mit 17 km Länge und 450 Höhendifferenz, sehr zu empfehlen! Jetzt muss ich nur noch selber in meinem Blog den adventlichen Ausflug nach Pöggstall und zum Traunfellner-Haus heraussuchen…
Ist schon passiert: 11. Dezember 2008 (ziemlich in den Anfangszeiten des Wandertipp-Blogs), dort auch recht stimmungsvolle, allerdings winterlichere Bilder!