Polare Eiswelten auf dem Hochwechsel
10. Februar 2012 von Bernhard Baumgartner
Der Hochwechsel gilt ja nicht gerade als Schi-Tourenziel (weder bekannt noch beliebt) – ganz im Gegensatz zum Langlauf auf der Semmering-Wechsel-Panoramaloipe. Aber das tiefwinterliche Wetter dieser Tage (und mein Freizeit-tipp im AKNÖ-treff 1/2012) erinnerte mich an eine Tour am 3. Jänner 1996 vom Wechsellift in Mariensee auf den Hochwechsel.
Schon lang, lang her – aber in meiner Erinnerung noch immer ein “Glanztag” und ein polar-alpines Abenteuer, wie es selten gelingen kann. Zum Glück gibt es die Dias und sogar einen Eintrag im Tourenbücherl, nach dem ich jetzt berichten möchte.
Morgens Neuschnee und Eisregen in den Voralpen, in Mariensee Neuschnee und Sonne, Wolkenreste, aber der Wechselkamm ist frei! Auffahrt mit dem Wechsellift bis auf 1440 m – dann folgte gleich eine unangenehme Stelle hinauf zum Kamm: “Ausstieg rechts, bergan, am steilen Bergaufbau westlich der Steinernen Stieg rechts aufwärt eine Markierung in Hohlweg. Links (!) davon in Kehren (freier Hang zur Linken) gegen Kammhöhe, die durch Wald (nicht zu dicht) erreicht wird > rechts auf der bewaldeten Kammfläche weiter zur Einmündung der Markierung. Weiter stets diese entlang und nach einer Lichtung noch bergauf zu einem “Köpferl”, kurz danach Blockgebilde”. Das muss die Steinerne Stiege gewesen sein.
Was hier so kompliziert klingt, habe ich längst vergessen, aber jedenfalls langte ich nach mehr als 1 1/2 Stunden, nun relativ einfacher Strecke beim Kriegerdenkmal am Niederwechsel an (1945 war hier der letzte Frontverlauf). Der breite Kammrücken steigt dort allmählich von Kuppe zu Kuppe höher, und kleine Blockgruppen markieren diese zwischen weitläufigen Mulden gelegenen Kammerhebungen. Bei einer Einmuldung (1622 m) taucht – noch sehr fern – der Hochwechsel mit dem Wetterkoglerhaus auf.
Wie ich weiter notiert habe: “Jetzt auf der südlichen Kammfläche, an drei Felskuppen vorbei zur Senke vor dem Gipfelaufschwung – wie am Niederwechsel heftiger Nordweststurm mit Schneefegen! – und in leichtem Linksbogen zum geschlossenen Wetterkoglerhaus, fast 3 Std. vom Liftausstieg, es ist bereits 13 Uhr!”
Zum Glück war ich diese Tour mit Alpin-Tourenschi angegangen, denn immer wieder waren eisige Flächen und “Windgangln” zu überwinden! Selbstverständlich sollte die Abfahrt nicht zu kurz kommen – aber wohin in all diesem verlaufenden Gelände? Dazu bietet sich der Nordosthang hinunter zur Marienseer Schwaig an – am oberen freien Hang noch ziemlich windverblasen, daher besser links haltend und zuletzt am geschützten Waldrand in ungestörtem Tiefschnee zur Schwaig mit dem (damaligen) Loipenende.
Ein Abkürzungsversuch für den Rückweg mittels Querung durch den obersten Schneegraben erwies sich wegen steiler und abrutschender Schneeflächen als trügerisch! Besser ist hier der Anstieg Richtung Hochwechsel nahe dem Abbruch in den Schneegraben und um dessen “Trichter” herum zur flachen Querung unter der Kammhöhe gegen Osten, allerdings gibt es an dieser sturmausgesetzten Fläche die üppigsten Verwehungen - tiefe Rillen, Eisglatzen und die unangenehmen “Windgangln”. Wieder auf der Kammhöhe bei der Senke 1622 m angelangt, war es bereits 15 Uhr – und das Anfang Jänner!
Da durfte freilich nichts mehr passieren! Meine Dynafit-Bindungsbacken waren dabei höchst problematisch, hielten zum Glück noch durch, denn zu Fuß wäre ich nicht weit gekommen… Die Abfahrt im Wechselschnee verlief doch ganz gut, aber die anfang geschilderte Stelle zwischen Liftausstieg und Kammhöhe legte einen Änderungsversuch nahe, der sich als reinster Horror entpuppte – Umfahrung des Bockfeldes an der Südseite… Da waren die etwas kitzligen Steilstellen im Aufstieg noch harmlos dagegen. Aber schließlich war die Piste erreicht, und trotz hereinbrechender Finsternis um halb fünf Uhr ging alles noch glatt!
Zusammenfassung – ein “exotisches” Schitourenerlebnis, nichts für Langläufer und selbst mit Backcountry-Ski samt Steigfellen nicht empfehlenswert. Mit Alpintourenschi ein zu flacher “Plattler”… Hochwechsel als Schitour besser mit Aufstieg von Mariensee entlang der Markierung über die Marienseer Schwaig (da kann man gleich die Abfahrtsmöglichkeiten im Waldgelände einschätzen, wenn es überhaupt welche gibt), sonst benützt man von der Schwaig eine links bergab führende Forststraße, die früher für den Wechsellauf sogar gespurt war, und kommt im Bogen wieder ins Tal zurück.