Innichen in Südtirol: Dolomiten- und Tauern-Touren
19. Juli 2009 von Bernhard Baumgartner
Fortsetzung meines Urlaubsberichtes zum “Granatapfel” 7/8 -2009 (Info dort). Kunsthistorisches und geschichtlich Interessantes über Innichen ist in meinem Artikel “Dom zwischen den Gebirgen” dort zu lesen.
Innichen oder Toblach (an der Wasserscheide zwischen Drau und Eisack) bietet sich als Standquartier für Ausflüge und Bergwanderungen vom Pustertal aus ganz vorzüglich an. “Vor der Haustür” ragen die Sextener Dolomiten, und gar nicht weit entfernt (Zufahrt über das historisch überaus interessante Bruneck) geht es hinein in die Dreitausenderwelt der südlichen Zillertaler Alpen und in die Rieserfernergruppe (südwestlicher Ausläufer der Hohen Tauern). Hier berichte ich über zwei “Mustertouren” in diesen gegensätzlichen Landschaften:
Der Pragser Wildsee
Nach dem Erwandern der engeren Umgebung Innichens, etwa durch das Innerfeldtal zur Dreischuster-Hütte oder von Toblach über die Marienwallfahrt von Aufkirchen zu den Moorwiesen am Radsberg, lohnen sich auch weiter weg führende Ausflüge. So zweigt man Richtung Bruneck auf halber Strecke in den Naturpark „Fanes-Sennes-Prags” ab. Am beliebtesten ist der Pragser Wildsee mit seinen nostalgischen Hotelbauten, wo die Tour zur Seekofelhütte beginnt. Aber auch nur durch die Wälder mit ihren Zirbenbäumen, Wetterfichten und unzähligen Felsblöcken bergwärts zu wandern, ist überaus lohnend. Enzian und Alpenrosen ergeben fast kitschige Bilder. Daneben lassen sich noch botanische Raritäten entdecken. Sie tragen oft den Beinamen „Dolomiten”, weil sie nur hier als sogenannte Endemiten vorkommen.
Almrauschblüte unter dem Rieserferner
Aus der grün-weißen Welt der hellen Kalkberge mit ihren Almen und Felsgipfeln kommend, bedeutet eine Tour in die Rieserfernergruppe einen Ausflug in eine völlig andere Bergwelt. Von Innichen geht es an den ebenfalls äußerst sehenswerten historischen Orten Bruneck und Sand in Taufers in die Bergwelt der eher klobig und dunkler wirkenden Zentralalpen. Geradeaus nordwärts weiter würde man ins Ahrntal und zu den Zillertaler Alpen kommen. Aber die Fahrt ins Raintal wendet sich scharf gegen Osten den Ausläufern der Hohen Tauern zu. Steil geht es in eine Wildnis von Felsabbrüchen, Bergsturzblöcken und urigen Wäldern hinauf. Erst im Dorf Rain mit seinen verstreuten Bergbauernhöfen weitet sich das Tal, und der Blick auf eisbedeckte Dreitausender wird frei. Bevorzugtes Ziel ist die Hochgall-Hütte, einst von der deutschen Alpenvereinssektion Kassel erbaut, nun als Rifugio Roma ein Schutzhaus des Club Alpino Italiano. Die Hüttenwirte sind freilich eher Südtiroler, und rings um diese schon 2246 m hoch gelegene Touristenunterkunft sind noch die Vorposten der bergbäuerlichen Bewirtschaftung unverkennbar. So etwa erfolgt Mitte Juni der Almauftrieb entlang des markierten Weges zu den unter Riesenblöcke geduckten Sennhütten.
Gipfelwärts reichen die letzten Zirben und die glutrot blühenden „Almrausch-Felder” zwischen kahlem Blockwerk hinein in das alpine Ödland, die eigentlich faszinierendste Urlandschaft der Alpen. Das Gestein wirkt hier hell, fast wie in den Dolomiten, ist aber nicht wie Kalk und Dolomit aus Meereslebewesen entstanden, sondern hat seinen Ursprung in den Tiefen der Erdkruste. Während der Entstehung der Alpen drangen nämlich an der geologischen Störungszone zwischen Zentral- und Südalpen Magmamassen an die Oberfläche. Als Tonalit bezeichnet ist das ein relativ junges, kristallines Gesteinsmaterial, das plattige Felswände und bizarr getürmte Grate ausbildet. Geformt wie riesenhafte Kristalle ragen Hochgall und Wildgall ins Himmelsblau. Die Gletscherfelder des Rieserferners liegen im Frühsommer noch unter tiefem Firn, und nur aus den Eisbrüchen und Gletscherspalten leuchtet bläulich schimmerndes Eis hervor.
Eine für geübte, aber entsprechend ausgerüstete Wanderer leichte Hochtour bietet der 3368 m hohe Schneebige Nock, der nach einem alpinen Pionier auch Ruthner Horn benannt wird. Doch ebenso wie in den Dolomiten kommt der Wanderer hier auch ohne ein solches Gipfelerlebnis auf seine Rechnung. Blumen und Wasserfälle, malerische Ausblicke und die kristallklare Luft des Hochgebirges – all das macht ja den Reiz der Bergerlebnisse aus!
Hinweis: Beide Touren haben Anni und ich 2002 Ende Juni begangen.
Tourismus-Information über www.innichen.info
Wanderkarte: freytag & berndt WKS 3 Pustertal – Bruneck