Gippel – Markierungen und Jagdsteige
30. August 2008 von Bernhard Baumgartner
Eine Meldung in der Lokalpresse weckt in mir Erinnerungen, wie es in den letzten 100 Jahren “wegmäßig” um den Gippel, eine der markantesten Berggestalten der Voralpen in Niederösterreich, bestellt war.
Neuer Gippelsteig wird eröffnet Der neu sanierte Verbindungssteig zwischen dem Gippelkreuz und der Pollwischalm wurde am 30. August 2008 der Öffentlichkeit übergeben. Im Steigverlauf befindet sich ein Abbruch, der als “versicherte Stelle” mit einem Stahlseil und Trittstiften aus Stahl über rund 25 m von trittsicheren (!) Wanderern zu überwinden ist. Steigskizzen und Informationen gibt es an den Wegkreuzungen des orange markierten Steiges. Der neu sanierte Steig in Gratnähe erspart den Umweg durch die sogenannte “Schütt”, der durch ein Gamsrevier führt.
Jetzt zum Alpinhistorischen: Bis um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war der Gippel für Wanderer gesperrt – als Teil des Jagdreviers der Herrschaft Hoyos. Man konnte sich höchstens bei der Forstverwaltung in Kernhof eine Art “Passagierschein” für diesen markanten Berg erbitten (galt bis 1963 !). Danach wurde der Treibsteig aus dem Weißenbachtal bei St. Aegyd markiert, wohl zugleich mit den Wegen am Göller und zur Göllerhütte, dazu noch der Übergang vom Waldhüttsattel über die Hofalm und auf dem Roman-Majevski-Steig durch die Kare der Südseite zur vom “Gippeltürl” (= Treibsteig) kommenden Markierung. Die Begehung des markanten Südwestgrates war strengstens verboten – dort führt jetzt der neue Gippelsteig hinauf zur “Gippelnase”, dem Hauptgipfel.
Für mich erhebt sich nun die Frage, was mit dem “Umweg durch die sogenannte Schütt” (also dem bisher markierten Majevki-Steig) passiert – dieser muss “unbedingt” erhalten werden (im Sinn der Wanderer, die Grundherren werden das vermutlich anders sehen, obwohl sich die Forstverwaltung Hoyos als kooperativ erweist), denn dieser ist ja der “Normalweg” vom Göller oder von Kernhof her zum Gippel!
Dazu noch etwas Heimatkunde: Der ”Treibsteig” wurde um 1930 als Zugang zur Gippelalm angelegt, vorher musste das Weidevieh mühsam über die Felsen, durch Stangen gestützt, hinauf getrieben werden! Eine Episode aus der Schulgeschichte erzählte mir der Hainfelder Lehrer Reiber in meinen Jugendjahren – er war auf einem seiner frühen Dienstposten Volksschullehrer in Lahnsattel (oder Neuwald), und zu seiner Schule kam er so: Mit der Bahn von Hainfeld nach Kernhof, dann zu Fuß über den Waldhüttsattel in gut 3 Stunden hinüber nach Lahnsattel. Das waren halt noch Zeiten!
Zum Bild: Kadaverwuchs Urwald Lahnsattel – in diesem frei zugänglichen echten Urwald wachsen auf den gestürzten und vermorschenden Stämmen bereits wieder junge Bäumchen, hier zu erkennen ein Fichtenkeimling und bereits mit Blättern entwickelte kleine Rotbuchen.
Wandertipp zum Urwald Lahnsattel
Achtung – trotz Forstgesetz von 1970, ohne das wir Bergsteiger schon längst aus unseren Paradiesen vertrieben worden wären, gilt auf Gippel und Göller (wie auf anderen Gipfeln im Mariazeller Bergland) eine “Jagdsperre” von 20. September bis 15. Oktober.
2 Reaktionen zu “Gippel – Markierungen und Jagdsteige”
Sg. Herr Baumgartner,
angeregt durch Ihre Webseite habe ich als Tourenführer mit meiner AV-Gruppe den neumarkierten Bergrettungssteig begangen. Das “Gippel-Erlebnis” wird durch die neue Route erheblich gesteigert und die Tour durch die Überschreitung aufgewertet. Die neue Perspektive erlaubt Blicke in die Felswildnis des Gippel, die man sonst nur aus der Ferne bewundern kann. Leider war der Rückweg am Majewskisteig, der sich im Abschnitt durch die Schütt in schlechtem Zustand befindet, weniger angenehm.
Für diese Anregung bin ich Ihnen jedenfalls dankbar.
Mit freundlichen Grüßen!
Andreas Esders, OeAV-Edelweiss
Danke für Ihren Kommentar, freut mich, dass Sie eine schöne Tour hatten.
Hauptsache aus meiner Sicht ist, dass der sog. Majevskysteig durch das Gippelsüdkar markiert bleibt – der Weg war meiner Erinnerung nach ohnehin nicht sonderlich ausgebaut. Aber wer nicht den neuen gesicherten Steig nehmen will oder einen Hund mithat, der wird – so wie ich – froh sein, den bisherigen Weg begehen zu können.
Wir alle, die wandern und bergsteigen, müssen ungemein aufpassen, dass keine Markierungen abkommen! Wenn ich die Probleme mit bestehenden Markierungen betrachte (z.B. ganz simpel von der Bernau bei Hainfeld über die Steinberghöfe zur Gföhlberghütte, die ersten Wiesen nach der Straßenabzweigung bei der Kapelle), können wir nur froh sein über jeden Weg, der irgendwann markiert wurde. Die Tendenzen der Grundbesitzer und ihrer Lobby dagegen ist ungeheuerlich…
Beste Grüße! BB