Mühlviertel / Böhmerwald: Moldaublick bei Ulrichsberg
5. August 2022 von Bernhard Baumgartner
Am Tag unserer kleinen Radtour entlang dem Schwarzenberg´schen Schwemmkanal (Sonntag, 24. Juli) blieb noch genug Zeit, auf den Aussichtsturm Moldaublick bei Schöneben zu steigen.
Nicht nur die Aussicht ist überragend, allerdings auf den nördlichen Horizont (also Tschechien) beschränkt. Auch ein paar Gedanken zur Landschaft hier an der Grenze beim historischen Südböhmen sind angebracht: Die etwa 700 m hoch gelegenen Talmulden des oberen Mühlviertels erlebt man ja als vielfältige Kulturlandschaft, Wiesen und Äcker rings um die verstreuten Dörfer und Marktorte. Im Gegensatz dazu zeichnet sich der eigentliche Böhmerwald als walddunkle Linie in der Landschaft ab und begrenzt scharf das Mühlviertler Bauernland. Auf seinen rundlich geformten Anhöhen dominiert der geschlossene Hochwald, nur von wenigen Lichtungen unterbrochen, wie etwa bei der Passmulde von Schöneben, wo der Straßenübergang ins Moldaugebiet verläuft. Hat man die Anhöhe überschritten bzw. bei einem Ausflug “überfahren”, ändert sich das Bild: Die baumfreien Flächen, die es hier überraschend viele gibt, wirken wie Almböden, meist ziemlich verwildertes, fast ruderal erscheinendes Grasland, das von den vereinzelten Großbetrieben zur Viehzucht ausgenützt wird.
Bei der Kirche von Glöckelberg mit ihrem umliegenden Friedhof wird deutlich, dass es in früheren Zeiten hier anders ausgesehen hat: Wo nur Wiesen oder Jungwald oder Strauchzonen mit Sumpfgebieten bestehen, war bis vor ca. 75 Jahren ein blühendes Bauernland, das erst nach dem 2. Weltkrieg mit der Machtübernahme durch die Kommunisten in eine wirtschaftliche Öde zurückverwandelt wurde. In der Karte (des Mühlviertler Tourismus, nicht in der Freytag & Berndt Wanderkarte!) sind neben den tschechischen Bezeichnungen der restlichen noch heute bestehenden Ortschaften auch die alten “deutschen” (ich meine altösterreichischen) Ortsnamen eingetragen. Flurnamen weisen auf einzelne Siedlungen hin, von welchen nicht einmal mehr Ruinen übrig geblieben sind, nachdem bis etwa 1948 die Vertreibung der seit dem Mittelalter angestammten Bevölkerung durchgezogen wurde und die Grenzzone zum Sperrgebiet am Eisernen Vorhang sich wandelte. Neben einzelnen Wirtschaftsbetrieben (eher Kleinindustreie als Gewerbe) und Landwirtschaftskonglomeraten gibt es allerdings einen lebhaften Tourismus und Feriensiedlungen.
Der bekannteste Ort ist Horni Plana / Oberplan, der Geburtsort des Böhmerwalddichters und in der Literaturgeschichte bedeutenden Sprachkünstlers Adalbert Stifter. Teile des historischen Ortes sind in dem nach Lipno benannten Moldaustausee versunken, der in endlos erscheinender blauer Schlangenlinie durch das grünende Land zieht. Die Berghöhen setzen sich auch, weniger markant als der Böhmerwald nach Norden fort, eher ein hohes Hügelland als ein Mittelgebirge, allerdings zum größten Granitgebiet Mitteleuropas gehörend. Sicher gibt es auch dort historische Punkte, die einen Besuch lohnen, aber als Ausflug vom Mühlviertel her konzentriert man sich vor allem auf die Runde um den Moldaustausee, vor allem als Radtourist.
Die nahe liegenden Bergpunkte mussten wir diesmal leider vernachlässigen, den Dreisesselberg und den Plöckenstein, wo auch wie im Mühl- und vor allem im Waldviertel einzelne Blockmassive die Waldlandschaft beleben. Vor allem um den Plöckensteinersee war mir leid…. aber vielleicht ein Grund, diese für uns ganz schön weit entfernte Region (im Vergleich zu den nahen Alpen) wieder aufzusuchen. Das ursprüngliche Waldkleid fiel uns sogar vom Aussichtsturm Moldaublick auf – Fichten und Tannen, durch die unterschiedlichen Zapfen leicht zu unterscheiden, aber immer wieder treten auch Rotbuchenbestände mit anderen Laubbäumen auf (Ahorn, Ebereschen usw.), auf dem Plöckenstein war ein abgestorbener Baumbestand nicht zu übersehen.
Am Montag, 25. August, war Heimreisetag, gleichzeitig Ausbruch der nächsten Hitzewelle. Wir wollten uns noch in Aigen-Schlägl aufhalten, um das Stift und die Brauerei zu besichtigen, letztere war éaber geschlossen. So setzten wir die Heimfahrt auf derselben Route über Aschach – Eferding – Wels fort. Resümè des Kurzurlaubes – gut gebucht im Böhmerwaldhof Ulrichsberg, Wetter trotz Hitze in den kühlenden Wäldern und beim Radfahren gut erträglich, und vor allem wieder einmal in eine noch zu wenig bekannte Landschaft “geschnuppert”, also insgesamt ein Erfolg!