Alpenurlaub Osttirol / Defreggental, Mittwoch 22. Juni 2022
8. August 2022 von Bernhard Baumgartner
Wettermäßig geht es etwas wechselhaft zu, als wir die längere Fahrt ins Defreggental und Richtung Jagdhausalm unternehmen. Aber immerhin sind die Anfahrtsstrecken von Matrei aus durchwegs moderat (ins Virgental, insgesamt 38 km, für diesen Ausflug ca. 80 km) und das auf gut ausgebauten Straßen.
Das Defreggental in den südwestlichen Ausläufern des Tauerngebirges liegt zwar auch in einer Seehöhe von 1100 m bis über 1500 m, doch wirkt es weniger bizarr hochalpin als etwa Matrei, Kals oder Virgen, eher gemütlich in seinem langen geradlinigen Verlauf zwischen der gerade noch Dreitausender aufweisenden Lasörlinggruppe im Norden und den Defereggeralpen sowie den Viltragener Bergen im Süden. Gleichwohl – im vermeintlichen Talschluss ragt der 3436 m messende Hochgall in der aus Tonalit (einem in der jüngeren Alpengeschichte aufgedrungenen Granitgestein, ähnlich dem berühmten Bergell in der Schweiz) aufgebauten Rieserfernergruppe. Diesen scharfen Gipfel habe ich in meiner “Dreitausenderzeit” leider versäumt, und nun kann ich ihn (wie vor ein paar Jahren von Südtirol her) nur im Fernblick bewundern.
Der Tonalit schaut etwas anders aus, ist eher weiß und sehr kompakt, wir konnten ihn bei einer Südtiroltour auf dem namengebenden Tonalepass schon sehen. Durch das gemütlich wirkende Defreggental (mit dem schon erlebten Schigebiet auf der Brunnalm) fahren wir bis Erlsbach, wo die Straße zum Stallersattel (Bericht folgt noch) abzweigt. Hier biegt das tief eingeschnittene Tal gegen Nordwesten und verläuft neben dem Grenzkamm mit der markanten Rötspitze bis zur Dreiherrenspitze. Jenseits liegt das Ahrntal, und über die hohen Pässe erfolgte seit jeher die Beweidung durch Südtiroler Bauern. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Jagdhausalm mit ihren aus Stein gefügten Almhütten (nicht aus Holz, weil bereits oberhalb der Baumgrenze gelegen), typisch bezeichnet als “Tibet der Alpen”, eigentlich wegen dieser interessanten Umstände unser Wanderziel.
Der Nationalpark Hohe Tauern hat hier wohl seinen entlegensten und nicht überlaufenen Winkel! Vorbei am Parkplatz für die Barmer Hütte (Ausgangspunkt für den Hochgall) können wir den Fahrweg bis zur Oberhausalm (geschlossenes Gasthaus!) benützen. Dort geht es über den Bach (Schwarzach), dieser vereinigt sich näher dem Ursprung mit dem Arvental, und dieser Name weist schon auf den angeblich größten geschlossenen Zirbenwald der gesamten Region hin. Am gleichen Ufer entlang verläuft der (gesperrte) Fahrweg bis zur Jagdhausalm, gegenüber wandern wir auf dem Touristensteig, wohl dem alten Almweg, durch die urigen Baumbestände, unter uns der abwechslungsreich dahinfließende Wildbach, sehr romantisch und pure Natur!
Schließlich kommen wir wieder zum Fahrweg und erreichen die Seebachalm mit einer großen Jagdhütte. Zur angestrebten Jagdhausalm würde es wohl nur noch eine Stunde dauern, aber die Wetterwolken dräuen schon wieder einmal um die im Talhintergrund zackig aufragenden Gipfel (Jagdhausspitze, Glockhaus, Gr. Löffler /nicht der Zillertaler!/ alles völlig unbekannte und wohl kaum jemals bestiegene Dreitausender). Beim Rückweg auf der Almstraße erwischt uns tatsächlich noch ein heftiger Regenguss, aber die 2 1/2 bis 3 Stunden Wanderung haben sich auf jeden Fall auch ohne die “Tibetalm” gelohnt, schade um die Jagdhausalm, denn in diesen zwar nicht wie Tibet, aber doch sehr entfernten Alpenwinkel werden wir kaum jemals mehr kommen…