An der “Pöggstaller Sonnseite”
9. November 2015 von Bernhard Baumgartner
Ich muss mich erst erkundigen, wie man in Pöggstall die sonnigen Südhänge nennt, für uns ist es halt die “Sonnseite”, und dort wollten wir unsere Sonntagswanderung unternehmen. Für 8. November unglaublich mild, mittelatlantischer Westwind räumt die Nebelfelder aus und zerreißt sogar die Wolkenfelder – also sonnig und vormittags föhnig klare Sicht!
Zwei Tage vorher war der offizielle “Spatenstich” für die längst begonnenen Vorbereitungen zur NÖ Landesausstellung 2017 im Schloß Pöggstall mit seinem Rechtskundemuseum samt Folterkammer und dem Festungsrondell aus der Renaissancezeit (nach Plänen von Albrecht Dürer wird vermutet, wir machten schon im heurigen Juli eine Führung mit).
AB Panorama der Sonnseite nahe der Floriankapelle
Für mich wird die Umgebung von Pöggstall und ebenso das Weitental wandermäßig ganz aktuell werden, weil “meine Wanderungen” (im Wandererlebnis Waldviertel & Wachau & Südböhmen) alle eher ringsum gelegen sind. Zwar habe ich die neueste Freytag&Berndt-Karte und die Wanderunterlagen für das Südliche Waldviertel parat, aber ich suche mir doch eher eigene Routen aus. Auch wenn sie in der Karte nur mehr “schwach” eingetragen sind, denn so wird das Begehen umso interessanter, ebenso die von mir dann präsentierte Tour.
Wir gehen als durch das Rondell durch, vorbei an der Infotafel zur “Alten Poststraße” (die kennen wir schon vom Schwarzaubachtal her, einer meiner anderen 135 Waldviertel-Touren) und dem “Goldenen Hirsch”. Danach steht an der Kreuzung ein schöner, aber wie das Schloss renovierungsbedürftiger Bildstock – hier rechts weiter. Da ist schon eine alte Touristenklub-Markierungstafel Richtung Sading und Martinsberg. Dieser vertrauen wir uns an und landen über den Schlehbachweg in einem bald wild verwachsenen Hohlweg. Hereingestürzte Bäume zwingen uns, die linke Steilflanke zwischen Brombeerranken und stacheligen Rosenzweigen hinaufzuklettern. Oben geht es auf der Wiese aber recht anmutig weiter…
Bunte Blätter-Wanderung (oben AB, unten BB)
Ein von links querender Fahrweg zeigt uns, wie es leichter weitergegangen wäre. Nämlich bei Abzweigung des Schlehbachweges links auf der Postfeldstraße weiter durch eine Siedlung und dort irgendwie rechts haltend zum gerade erwähnten Fahrweg. Dieser leitet uns aber nun verlässlich rechts weiter, den Schlehbachgraben querend und im Bogen hinauf zu weitläufigen Wiesenflächen mit herrlichster Aussicht. Diese kann man den von uns beiden aufgenommenen Panoramen entnehmen:
Eine Kapelle zum Hl. Florian und ein großes Wegkreuz (von 1911, beide schön renoviert) lassen einen alten Kirchenweg vermuten, der von den Gehöften in Sading und Grub-Aschelberg nach Pöggstall hinabgeführt hat – die Bilder in der Reihenfolge für die Kirchengeher:
Von einem Weg ist allerdings nichts mehr zu bemerken, höchstens ein paar Blockschlichtungen, die aber auch von der teilweise terrassenartigen Gliederung der intensiv bewirtschafteten Wiesen (es “duftet” schon wieder, haben wir gerade von St. Veit noch die Nase voll…) herrühren können. Zuletzt erreichen wir die nach Sading führende Straße, gehen rechts in den Graben hinunter und über die Straßenbrücke (vermutlich der Gruberbach). Hat es auf der Karte so ausgeschaut, als müssten wir weiter auf der Straße bergab, um dann links zum Schwedenkreuz abzubiegen, zeigt sich dem aufmerksamen Blick eine bessere Möglichkeit! Gleich nach der Straßenkehre lässt sich im Wald oben ein altes Steingewölbe ausnehmen, und als wir darauf zu halten, schimmert auch noch der Bildstock “Schwedenkreuz” zwischen den Bäumen! So ein günstiger Abschneider und noch dazu voll interessant!
Wir stehen gerade unterhalb der “Alten Poststraße”, wie sie derzeit genannt wird. Es handelt sich um die Fürnberg´sche Poststraße, die Joseph Edler von Fürnberg um 1780 zur Verbindung von der Donau hinauf nach Gutenbrunn hat anlegen lassen. Hier befindet sie sich noch im Originalzustand und könnte eine hoffentlich genügend beachtete Hauptattraktion der kommenden Landesausstellung werden! Siehe auch die Beiträge in meinem Blog unter dem Stichwort > Schwarzaubachtal, Fürnberg´sche Poststraße.
Folgende Bauwerke stammen auch von dem überaus unternehmerischen, aber auch geheimnisumwobenen (Herkunft) und letztlich von großem Reichtum zum Bakrott gekommenen Edlen Fürnberg: Posthäuser in Purkersdorf und Melk, Schloss Luberegg, Schloss Gutenbrunn. Der in jüngerer Zeit erneuerte und renovierte Bildstock “Schwedenkreuz” erinnert an die Zeit des Dreißigjährigen Krieges um 1645, und wahrscheinlich ist daran auch eine historische oder sagenhafte Begebenheit geknüpft (ich muss erst in der Lokalliteratur nachstöbern).
Nach diesen mit kurzem Aufenthalt verbundenen Wegstellen geht es jetzt wandermäßig flotter weiter, auf dem Richtung Grub bei Aschelberg führenden Poststraßenweg bis zu einer markierten Abzweigung rechtsseitig. Hier quert ein alter Fahrweg durch (bei anderen Wetter- und Jahreszeitverhältnissen) sehr schwammerlverdächtigen Wald zu freien Wiesenböden, die jetzt zur Zeit der letzten bunten Laubfärbung (vor allem im Gelb der Zitterpappeln und Birken, auch rote Farbtupfen der Vogelkirschenbäume) besonders malerisch sind.
Am Wegrand ist es voll schön herbstlich (AB), und sogar die Tintlinge verfallen schon zusehends, sind gar nicht mehr appetitlich…
Anderseits gemahnen die Christbäume (besonders schöne dabei!) schon an das gar nicht mehr so ferne Weihnachten, während die warme Sonne letzte Sommererinnerungen weckt. Auf der Straße gehen wir dann bergab, zwischen den Gehöften von Bergern hindurch (Fahrzeuglängen maximal 10 m) und weiter über die freien Flächen dem Tal zu. Aber auf Asphalt soll es nicht weitergehen – da steht schon ein in der Karte eingezeichnetes (und gut erhaltenes) Wegkreuz, gleich danach zweigen wir rechts über die Wiesen ab. Kein Weg (wahrscheinlich ein paar Meter unterhalb) und keine Markierung, dafür malerischer Ausblick gegen den Ostrong!
Jetzt ist schon Mittag vorbei, und da dürfte es in Pöggstall üblich sein, mit den Hunden äußerln zu gehen – so haben wir wenigstens einen Wegweiser, bis wieder die Markierungstaferl auftauchen (diese ersetzen besonders im Südlichen Waldviertel immer mehr die “Zwischenmarkierungen” entlang der Wege, leider, meist nur an den Kreuzungen angebracht, dazwischen muss man halt ohne Markierung auskommen).
Auf einem querenden Fahrweg, von einem Wasserreservoir an sogar asphaltiert, führt der weiterweg dann hinab nach Pöggstall, zuerst aber auf die etwas verborgenen Schlossteiche zu. Danach geht es links, vorbei an einem als Privatweg gesperrten direkten Weg zum Schloss, bis zu den Seitenstraßen an der Dienerleiten. Wie ein Hintertürl wirkt dann die Rehgasse, schmal zwischen alten Häusern verlaufend, bis wir wieder am Hauptplatz landen. Noch ein Rundgang in die Schloss- und nunmehrige (nach der Kirche St. Anna im Felde) Pfarrkirche – eiskalt bei der Wärme draußen, aber kunsthistorisch eindrucksvoll (Bilder in meinem facebook “Wandertipp bernhard baumgartner”). Rund um das Rondell und im Schloss kann man nur mehr erschwert fotografieren, denn dort stapelt sich schon das Gerüstmaterial für die Renovierung – in zwei Jahren soll ja um den Preis von neun Millionen alles in neuem Glanz erstrahlen… Bei der Führung im Juli waren Vergleiche der Kosten gegenüber der ÖtscherReich-Ausstellung gezogen worden. Nun, so viel Geld wird hier nicht fließen, obwohl des Land Niederösterreich in dieser Hinsicht sich ja als überaus großzügig und zukunftsbewusst erwiesen hat. Denn die Hundertermillionen sind von der “Himmelstreppe” verschlungen worden – hoffentlich wird sie wirklich ein Weltkulturerbe!