Haute Route NÖ Erfahrungsbericht Teil 2: Gastartikel von Eveline Urban “Vom Habsburghaus bis Frein”
13. Oktober 2009 von Bernhard Baumgartner
Gastbeitrag – Originalbericht von Eveline Urban
Zweiter Tag: „Tag der Kaiser und Könige”
Temperatursturz auf 12°C, es schüttet.
Start vom Habsburghaus um 07.00 Uhr. Weiter über den Zinkfahnlgraben und den Kaisersteig nach Hinternasswald. 5 Alpensalamander. Der „Kampfwald” wird nach unten hin immer zahmer. Man kommt etwas oberhalb der Talstation der Materialseilbahn des HH-Hauses heraus (08.30), wo der Talschluss des Reißbachs zu einem Wendeplatz ausgebaut ist. Alles dampft, bin innen genauso nass wie außen.
09.30 : Kain-Bankerl (der gebürtige Nasswalder Kain – 1883 bis 1934 – war Bergführer in Kanada, Neuseeland…), malerische Reißtalklamm. Nutzfahrzeuge mit Wiener Nummernschildern! (Anmerkung: 1. Wiener Hochquellenleitung, Forstverwaltung Magistrat Wien). 09.40 Ankunft in Hinternasswald (nomen est omen), da ist sonst nix außer einem Postkastl für meine Ansichtskarten von der Rax, einer Bushaltestelle, auf deren Fahrplan viel draufsteht, wo aber fast nie ein Bus verkehrt, und einem (heute leeren) Parkplatz für motorisierte Rax-BesteigerInnen. 10.00 Ein Traktorfahrer mit Wiener Kennzeichen erzählt mir von seiner fast tödlichen Klettertour über das Gamseck.
„Nach Neuwald 5 Stunden” steht auf einem gelben Wegweiser. Wie sich da der „Schlenkerer” über den Sonnleitstein (laut HR-Wegbeschreibung; bei der Abzw. 10.40) ausgehen soll, ist mir ein Rätsel! Die Route führt zum Talschluss des Wasseralmbachs, zugleich Wasserscheide und Bundeslandgrenze, und weiter zum Amais-Sattel hinauf; auch hier ein „Kaisersteig” – ein „Direttissima-Pfad” – ein paar Reste davon sind übriggeblieben, ansonsten latscht man auf der (neuen?) Forststraße (wieder: Sattelschlepper mit Wiener Kennzeichen).
Langsam reißen die Wolken auf. Gegen Mittag (11.40) ein letzter Blick zum Habsburghaus, das noch mit den Nebelschwaden kämpft. Die Amais-Wiese (12.45) ist ein überdüngter Almsumpf mit Alpen-Ampfer und Pannonischem Enzian. Auf der steirischen Seite ebenfalls eine neue Forststraße, die (noch) nicht auf meiner Karte eingezeichnet ist. Immer mehr Sonne, immer mehr Wärme, und mehrere Zaunkönige. Sattelschlepper mit Holz, diesmal Kennzeichen „BM” (Bruck an der Mur, Bundesforste).
14.05 – Auf die Kalte Mürz, die im Nebental entspringt, stößt man in Steinalpl, einer eindrucksvollen Geröllwüste in Weiß und Blau. Das Geröll verstehe ich nicht ganz, es dürfte aber recht stabil sein, denn sogar die Strommasten (es gibt hier ein paar Häuser – „Edelbacher”) sind darin aufgestellt. 14.50 bis 15.30 beim GH Leitner: Hier endlich Handy-Empfang, zum ersten Mal seit der Südwest-Ecke der Terrasse vom Habsburghaus!
Montag + Mittwoch (!) Ruhetag – die Möglichkeit der Nächtigung – statt Frein/Mürz – wurde von den Autoren nicht erwähnt – strategisch wäre hier das Übernachten aber geschickter! Bis Frein sind es (selbst auf einer im Vergleich zur Asphaltstraße „kurzweiligeren” Forststraße) drei „leere” Kilometer, und von dort am nächsten Tag auch wieder ca. drei „leere” Kilometer bis Donaudörfl am Fuße des Göllers.
Ansonsten ist der Freinerhof ja total ok. Frein hat was von einer Geisterstadt. Alte Fotos berichten von Zeiten, wo das Holz über vereiste Rinnen – „Fahrten” – aus den Wäldern über die Flüsse in die „Zivilisation” transportiert wurde. Mehr als so ein temporärer Versammlungsort von Holzfällern dürfte aus Frein nie geworden sein. Ankunft 17.10 – Es sind wirklich 10 Stunden Gehzeit – heute sogar inklusive der regenbedingt kurzen Pausen gewesen. Wassertreten in der Mürz. Sie ist so kalt, dass es weh tut!
BB´s “Senf” dazu: Der Kaisersteig führt vom Höllental bzw. Naßwald einerseits auf die Rax hinauf, anderseits über die Ameiswiese zum Steinalpl und von dort durch die Nordhänge des Waxenecks hinüber zur Hinteralm mit den kaiserlichen Jagdhäusern im Naßköhr. Erhalten ist der Kaisersteig nur mehr zum Habsburghaus hinauf bzw. ein Abkürzungsstück östlich vom Ameiswies-Sattel. Sonst ist der ursprünglich als Kaiser-Reitsteig in Form eines Karrenweges, wohl vor allem für den unermüdlichen Waidmann Kaiser Franz Joseph, angelegte Weg von Forststraßen überbaut. Erst kurz vor Erreichen des Hinteralm-Plateaus, wo der Freinriegel heraufkommt, konnte ich vor mindestens 30 jahren ein noch halbwegs als schmaler Steig erhaltenes Stück begehen. Im Gefolge der vielen Windbrüche an den Hängen über dem Tal der Kalten Mürz sind aber viele neue Forststraßen gebaut worden, und der Rest des alten Kaisersteigs wird wohl auch längst völlig verschwunden sein (meine Routenbeschreibung in “Wandererlebnis Mariazeller Bergland” mit Werner Tippelt von 1977).
Gasthaus Leitner in Neuwald wurde von uns nicht als Nächtigungsstation einkalkuliert, weil in den letzten Jahren eher als Jausenstation geführt. Aber wenn dort Nächtigungsmöglichkeit besteht, wäre das sicher idealer als der Freinerhof.
Im Steinalpl kommen die Geröllmassen von der Schneealm-Nordseite zusammen, daher die ausgedehnten Geröllfelder. Früher konnte man bis dorthin zufahren (wenn man beim Edelbacher Gast wäre, könnte die Zufahrt auch nicht verhindert werden). Aber ein “scharfer” Förster hat gleich nach dem Leitner einen Schranken aufstellen lassen, und so kann das Steinalpl – der beste Ausgangspunkt für die Schneealm-Nordseite (Kleinbodengraben, Dirtlerschlucht, Baumtal) – nur mehr in fast 1 Stunde Fußmarsch vom Leitner erreicht werden. Das ergibt dann ganz schön lange Gehzeiten, überhaupt wenn man nach einer mehrstündigen Tour auf der Sandstraße vom Steinalpl wieder hinaushatschen muss.
Zugegeben – der Sonnleitstein wäre sicher zu viel, auch wenn man von Hinternaßwald über den Jonassteig hinaufgeht und über die Ameiswiese wieder den Anschluss an die Route nimmt. Überhaupt – meine größte Hochachtung für Eveline, denn die Tour vom Habsburghaus bis Frein ist wirklich ein stattliche Leistung ! Nach all den Kaisersteigen kann man sich dann wirklich als Eveline wie eine Königin fühlen!
1 Reaktion zu “Haute Route NÖ Erfahrungsbericht Teil 2: Gastartikel von Eveline Urban “Vom Habsburghaus bis Frein””
Gerade ist mir eingefallen, warum es zu diesem “Hatscher” vom Naßwalder Tal hinüber nach Frein für die HR gekommen ist. Mein ursprünglicher Vorschlag verlief so: Rax (Habsburghaus oder Karl Ludwig Haus) – Zahmes Gamseck – Nasskamm – Schneealpenhaus – Windberg – Naßköhr – Steirische Hinteralm – Freinriegel – Frein. Eine ganz herrliche Überschreitung mit zwei Nächtigungsmöglichkeiten, wenn man sich Zeit lassen will.
Aber indem es die NR Niederösterreich sein sollte, wurde von diesem Abschwenker auf steirisches Gebiet abgekommen. Aber auf der Haute Route sollte meiner Meinung nach die “Freiheit der Berge” maßgeblich sein, und so bleibt es jedem Begeher unbenommen, von der vorgeschlagenen Trasse abzuweichen. BB