Wieder einmal zur Hahnwiese!
1. März 2021 von Bernhard Baumgartner
Fast in jedem Spätwinter bzw. Vorfrühling ist die Hahnwiese – zwischen den Gemeinden Kleinzell und St. Veit an der Gölsen auf rund 1000 m Höhe gelegen – eines unserer beliebtesten “Blumenziele”, denn dort blühen die Schneeglöckchen! Diesmal am 22. Februar, und es gibt sogar Neuigkeiten zu berichten:
Forststraßenbau neu, vom Eggersand zum Leonhardbild und weiter Richtung Westen (Kiensteiner Öde), außerdem und ebenso überraschend vom Sautaler her (blaue Markierung von Außerhallbach) bis zum alten Heustadel. Das Wetter könnte nicht schöner sein, durch ein anhaltendes Hoch zwar Talnebel, aber auf den Bergen warm bis zu plus 10 Grad. Trotz Montag ist der anfangs fast leere Parkplatz am Ebenwald um die Mittagszeit schon ganz schön voll (wie überall zieht es die Wanderer unwiderstehlich hinaus in die Natur). Wir halten noch ein Tratscherl mit Frau Wiesbauer vom vulgo Kaltenreiter, um den alten Verwandt- und Freundschaften (von meiner Tante und Mutter zur jungen Kaltenreiter-Fanny in den 1930er-Jahren) nachzuspüren.
Die Froschlacke am Eggersand ist noch fast ganz zugefroren, interessant die Infotafel bei der aus einem riesigen Stamm geschnittenen “Walderholung” mit einem Baumalter von mehr als 200 Jahren. Der anschließende alte Almweg vom Wiesenbach herauf ist aber neu zu einer grobschottrigen Forststraße ausgebaut. Erst nach dem Sattel mit dem Leonhardbild, wunderschön geschützter Rastplatz mit Bank, geht es auf dem alten Treibweg hinunter zur Mulde der Hahnwiese. Vor zwei Jahren war diese Strecke durch Schneebruch nur schwierig zu passieren, jetzt geht es ungehindert bei einer Riesenbuche vorbei zur Wiesenmulde. Übrigens haftet am Satteleinschnitt beim “Leonhard” eine historische Begebenheit: im März oder April 1945 zwangen den damals jungen Brandstädter Sepp (Wobach) die vordringenden Russen, ihnen den Weg auf den Ebenwald zu zeigen, wohin sich die deutschen Truppen zurückgezogen hatten. Erst beim “Leonhard” schickten sie den Buben unversehrt zurück… Meine Familie (außer dem an der Westfront eingesetzten Vater) war zur selben Zeit beim Brandstädter wie viele andere Gölsentaler als Flüchtlinge einquartiert. Beim folgenden Abstieg ins Tal durch den Osangerwald trug mich Dreijährigen meine Mutter in den Armen, an derselben Stelle wurde aber eine Frau aus Rainfeld erschossen… Festgehalten habe ich diese unvorstellbar schreckliche Zeit in meiner “Heimatkunde”.
Meist begrüßen einem schon am Beginn der Hahnwiese die zwischen den Schneeresten bereits blühenden Schneeglöckchen. Diesmal ist hier noch alles kahl, und selbst auf dem anschließenden Wiesenrücken zum Sengenebenberg hinauf blühen nur ein paar Exemplare. Grund dafür ist vor allem der wie ein dicker Teppich dem Wiesenboden auflagernde alte Graswuchs, seit die Hahnwiese (schon seit etlichen Jahren) nicht mehr gemäht wird. Also gibt es zuerst nur Ausblicke – ins von Hochnebel verhüllte Gölsental mit dem daraus ragenden und von hier aus ganz niedrig erscheinenden St. Veiter Staff und dem anschließenden nordwestlichen Alpenrand. Gegen Osten zeigt sich über den Atzbach hinweg der malerische Kalkalpenrand entlang des Triestingtals mit dem Hocheck.
Kurz danach trennen sich unsere Wege, denn Anni nimmt vom neuen Markierungstaferl den gut ausgetretenen Seitenweg zum Sengenebenberg mit dem
THOMAS HAUSLEITNER-GEDENKKREUZ, einem der malerischsten Aussichtspunkte über das Gölsental und noch dazu auf dem Nordwestkamm des (meiner Einschätzung nach) nördlichsten Tausender der Alpen.
Ich gehe noch auf dem (eher nur mehr spärlich) blau markierten “Sautalerweg” weiter – erstens um wie immer den alten Heustadel mit den interessanten Inschriften zu besuchen, und zweitens weil dort auf dem freieren Waldboden die Vorfrühlingsblüte erst so recht herauskommt, Schneeglöckchen und dazu Schneerosen (in häufig rosaroter Blütenfärbung), später kommen noch Gelbstern, Bingelkraut u. a. dazu. Der Blockbau, wohl schon ein Jahrhundert alt, hat auch diesen Winter (allerdings mit nur geringen Schneehöhen) gut überstanden. Aber Überraschung – gleich dahinter befindet sich der Umkehrplatz einer ganz neuen Forststraße!
Eine bisher noch nicht entdeckte Inschrift finde ich rechts von der Stadeltür – vom März 1945! Meine eigene als Erstklassler in Blockschrift eingeritzte “Verewigung” von 1948 konnte ich auch diesmal nicht mehr finden, zum Glück vor ein paar Jahren in geringerer Verwitterung noch fotografiert…
Die schönsten Schneerosen-Gruppen noch fotografiert, das Hochformat in ungewöhnlicher Ansicht – die Knospen stehen ja längere Zeit aufrecht, um sich beim völligen Aufblühen erst in den nickenden Zustand zu versetzen – hier ist eine Blüte gerade dabei! Dann gemeinsam zurück zum Ebenwald.