Weinviertler Kalkklippen in
11. Oktober 2020 von Bernhard Baumgartner
FALKENSTEIN und STAATZ am 9. Oktober 2020
Nach den frühsommerlichen Erkundungen ins Weinviertel war jetzt über die heißen Monate und die eigentliche Urlaubszeit hinweg ein längere Pause für dieses eher flachhügelige Gebiet im Nordosten Niederösterreichs. Aber die Fotoausbeute von dort aufzufrischen, war natürlich auch höchste Zeit! Wegen der widrigen Umstände durch die Coronapandämie hatten wir längere Aufenthalte (um vor allem mit dem Rad unterwegs zu sein) vermieden und uns auf Tagestouren eingestellt. Allerdings – so lange Fahrstrecken bis fast zur tschechischen Grenze? Vielleicht doch nur ein Stück über die Donau hinüber? Der Wetterbericht für den letzten Freitag verlockte uns jedenfalls zum Aufbruch: über die Kremser Schnellstraße, Donaubrücke Traismauer, quer durch das Tullner Feld… Die Straßenbeschilderung wies uns die Richtung, und unversehens befanden wir uns auf der ziemlich neuen Nordautobahn! Nun ging es dahin, die Kilometer purzelten nur so (das Umweltgewissen ausschalten…), und nach Poysdorf bogen wir schon auf unser erstes Ziel ein – FALKENSTEIN.
Bis zu diesem Postkartenmotiv (in natura vom Radweg Kamp-Thaya-March aufgenommen) passierte aber noch allerhand. Zuerst die dringende Frage – gibt es in Falkenstein ein Tankstelle, für Benzin selbstverständlich… Leider nein, daher zurück nach Poysdorf und mit 1 km Reserveanzeige dort eine Tankstelle gefunden. Dafür mit vollem Sprit gleich über die Anhöhe mit dem idealsten Falkenstein-Blick von Poysbrunn aus abgezweigt, und ein besseres Motiv hätten wir gar nicht finden können!
Gleich danach durch die Kellergasse hinunter in den Markt, und nun zur Wanderung: Zuerst hinauf zur Pfarrkiche, hochragend mit romanisch-gotischem wehrhaften Turm und barockem mächtigen Kirchenschiff, der Stiegenaufgang flankiert von den Pestpatronen Rosalia und Rochus. Oberhalb gabeln sich die Wege (sogar einer zum Picknickplatz), wir gehen rechts (wahrscheinlich durch die Ried Rosenberg oder Kirchberg) und erreichen in der Gebüschzone durch einen Hohlweg die Heideböden auf dem Burgberg – von einer Ziegenherde kahlgerupft. Und die Ziegen verfolgen uns noch bis zum nördlichen Ruinenzugang, vielleicht hätten sie Salz oder Futter erwartet oder waren einfach nur neugierig.
Welche Bedeutung das hölzerne Schiff im Burghof hat, wird uns durch eine höchst informative Ausstellung in den renovierten Räumen der Ruine vermittelt: Es geht hier um eine “sektiererische” Glaubensbewegung der Reformationszeit – die “Täufer” oder “Hutter”, die hier im Weinviertel einen Schwerpunkt hatten und von der Gegenreformation menschenverachtend niedergemacht wurden. In Ketten fortgeführt ans Mittelmeer als Sklaven auf den Galeeren… Die Schrecken dieser Zeit kann man hier nachfühlen, kein Glanzstück für die Kirche dieser Zeit…
Die beiden letzten Bilder von Anni zeigen schon, wie nahe wir hier der Grenze (Übergang Drasenhofen) und den dahinter ansteigenden sehr interessanten Pollauer Bergen (die Fortsetzung der Weinviertler Kalkklippen) sind. Wir machen für den Abstieg zurück nach Falkenstein einen Bogen nach Westen (im Osten wären der Höhlberg mit Steinbruch und der Kalvarienberg auch eine schöne Möglichkeit) und kommen zur Ried Urteln mit besonders instruktivem Aufblick zur Ruine – die Ringmauer hoch oben auf den Felsen, nach Gründung etwa im 12. Jh. erst in späterer Zeit ausgebaut. Wein- und Obstgärten begleiten uns hinab zum Markt, wo die Produkte sogar in Selbstbedienung angeboten werden, also auch Falkensteiner Wein mitgenommen, die verspätete Mittagsjause (wie immer keine Einkehr) gibt es erst bei der Weiterfahrt…
Die Weiterfahrt Richtung Staats erfolgt auf den Spuren unserer seinerzeitigen Wanderung rund um Falkenstein. Von Nordwesten bis Südwesten umschließen das freundliche Tal mit dem Markt Falkenstein ausgedehnte Wälder, typisch mit Eichen- und Hainbuchen-Beständen. Über den Sattel “Am Landmann” kommen wir hinüber in die nächste Senke des Weinviertels, wo sich fern der Burggipfel von Staatz erhebt. Wir scheinen diesen markanten Punkt fast zu umkreisen, bis wir ihn nach einer Rast auf einem Kapellenbankerl in Altruppersdorf endlich erreichen. Auffahrt bis zum Schlosskeller, wo sich neben dem Schüttkasten auch die Volksschule befindet (sozusagen in Höhenluft!). Vor uns ragt der Steilhang mit seinen (teilweise abgeholzten) Felssteppen auf, interessanterweise gibt es nahe den Burgmauern auffallend viele Thujenbäume (schon einmal davon gehört). Wegen Steinschlaggefahr zeitweise gesperrt, aber ohne Hindernis zu begehen ist der Gipfel dieser Kalkklippe mit den Ruinenresten der einst mächtigen Festung Staatz. Leider gibt es hier keine so ausführlichen Informationstafeln wie in Falkenstein, daher erst zuhause nachlesen, nun aber hinaufsteigen, die schon verdorrte pannonische Flora vermissen und dann den grandiosen Rundumblick genießen – das ist der Vorzug von Staatz, sonst Falkenstein ein intensiveres Erlebnis!
Inzwischen ist es schon Nachmittag geworden, und zu unserem Glück entschließen wir uns für die lange Rückfahrt zur Fahrt auf der Autobahn (immerhin sind dann 355 km zusammengekommen). Also zuerst Richtung Mistelbach, das umfahren wird, bis die zügige Fahrt zurück in die Voralpen losgehen kann. Jetzt wird es (vielleicht nach einer Auwald- und Marchfeldtour) eher wieder auf die Berge gehen, Weinviertel erst wieder im Frühjahr!