Rosenburg – Sommertheater – Wanderung aufgeschoben…
14. Juli 2014 von Bernhard Baumgartner
Wie im gesamten Waldviertel, samt Südböhmen und der Wachau, sind wir schon wirklich viel gewandert. Ein Ziel – nämlich die Rosenburg – gibt es aber seit zehn Jahren einmal im Juli ohne Wanderung! Es sind die Shakespeare-Festspiele mit Alexander Waechter, die uns jedesmal wieder zu diesem malerischen Schloss locken.
Nur beim “Hamlet” waren wir nicht dabei, dafür 2012 gleich mit der ganzen Familie bei der Kindervorstellung. Heuer hat der Intendant befunden – Shakespeare im Shakespearejahr…. – genau weiß ich den Wortlaut des FS-Interviews nicht mehr; jedenfalls hat er es besser gefunden, das populäre Stück von Moliere zu bringen.
Nach 94 km Anfahrt von St. Veit an der Gölsen – wir wählen immer die früher angesetzte Sonntagsvorstellung, damit es beim Heimfahren noch heller ist – sind wir hier schon auf der Rosenburg gelandet. Die ersten Aufführungen (zumindest 2005) fand noch im Turnierhof statt. Nun ist das einem Zirkuszelt nachempfundene Theaterzelt neben dem Schloss aufgebaut, regensicher, zumindest ziemlich, deshalb können wir uns auch für die Rosenburg “erwärmen”…
Bevor es losgeht bleibt noch Zeit für einen Spaziergang in das Schloss hinein – martialisch geschmückt ist das Portal, der vor einigen Jahren angelegte Senkgarten ist schon hübsch verwachsen, wie überhaupt die ganz Anlage sorgsam gepflegt erscheint.
Vom Turnierhof, wo sich der Zugang für die Greifvogel-Vorführungen befindet (ein tolles Erlebnis für die Kinder 2012), geht man ganz romantisch in den Inneren Burghof mit seiner steingepflasterten Brücke, darunter der Fischkalter und ein neu angelegter Rosengarten.
Da ertönt schon das Signal für den Beginn der Vorstellung, schnell zurück zum Theaterzelt… wie jedes Jahr schöne Plätze in der ersten Reihe, nur – sind wir breiter oder die Sesselanordnung schmäler geworden? Wer diese Anordnung von Zuschauerrängen rings um die Bühne in der Mitte noch nicht gesehen hat, kann nur so staunen. Oder an einen Zirkus denken, denn der “originale Shakespeare” soll ja auch weniger eine “klassisches Theater” gewesen sein…
Kaum haben wir Platz genommen, geht es beim dritten Signal schon los! In das “Krankenzimmer” (heuer eine einfachste Bühnenform gegenüber anderen Jahren) tritt der jedes Jahr als ein Hauptdarsteller auftretende Bernhard Majcen als der “eingebildete Kranke” und kontrolliert seine Arztrechnungen…
Seine Gegenspielerin ist die Zofe Toinette, gespielt von der großartigen Nancy Mensah-Offei, die seit vorigem Jahr dabei ist. Hier im Bild mit der Tochter des eingebildeten Kranken Angélique, dargestellt von der liebreizenden (!) Antonia Sotelsek.
Sie liebt den Musiker Cléante – dieser heißt Lois Nostitz und ist Leadsänger von Bands und Komponist, und außerdem ist er ein fantastischer Schauspieler (wir werden bei seiner Pausenbeschäftigung noch beobachten…).
So entwickelt sich die Komödie lebhaft und amüsant, gespickt mit aktuellen Anspielungen auf das Mediziner(un)wesen, zügig weiter. Die schöne Angélique soll nach dem Wunsch des hypochondrischen Vaters einen Arzt heiraten – im Bild rechts oben verlockende Aussichten… Alexander Waechter als der Bruder des Kranken bemüht sich, diesen von seinem u. a. “Klistierwahn” zu befreien. Ganz toll kommen uns die mehreren Runden vor, die er auf dem Rad in der Arena dreht, noch dazu in der Schräge etwas bergauf und mit dem alten Gaul, sportlich… Da darf er sich in der Pause ruhig hinter den Kulissen zu einem Tratscherl niederlassen…
Wir oder ich als Paparazzi – empfehlenswert ist die Programmbroschüre mit den Profibildern! Mich wunderte, dass keine Hinderung an meinen (blitzlosen) Digitalaufnahmen zu bemerken waren…
Die Komödie löst sich nach allerhand Turbulenzen und pfiffigen Entwicklungen so auf, dass der Eingebildete Kranke selbst zum Doktor avanciert – köstlich die szenische Einfälle, bevor es nach nicht zwei ganzen Stunden an den Schlussapplaus geht.
Die Wetterverhältnisse waren ideal, der Besuch recht gut – aber sogar gute Sitze waren noch frei, kein Wunder – Finale der Fußballweltmeisterschaft… Uns hat es wieder sehr gut gefallen, einmal etwas Einfacheres, auch wenn die Shakespeare-Stücke auch immer mit mehr oder weniger Unterhaltungsfaktor gespielt waren. Wer uns abgegangen ist ? Natürlich Frau Erni Mangold, die Unübertreffliche! Insgesamt etwas weniger aufwändig als sonst (auch etwas kürzer, hätten leicht die noch auf volle zwei Stunden fehlende Viertelstunde vertragen, aber vielleicht wollte das Team auch schon “nach Brasilien”…).
Hoffentlich gibt es die Shakespearespiele auf der Rosenburg noch längere Zeit, es muss ja nicht so lang dauern, bis der Herr Intendant so vor seinem Publikum steht wie der alte Ritter in der Turnierhofmauer…
Übrigens habe ich während des Theaters das Konzert aus Brasilien anlässlich des Abschlusses der Weltmeisterschaft aufgenommen – eine volle Wucht, die Künstler ebenso wie das temperamentvolle Publikum. Für uns die beste Übertragung…. wie Barbara Rett im Vorspann bemerkte, auch das großartige ORF III ist nicht ohne Fußball ausgekommen.