Vischgau & Münstertal: Von kultivierter Natur zu Kulturdenkmälern
3. Juni 2009 von Bernhard Baumgartner
Kaum vom Burgenweg und den Montiggler Spaziergängen erholt (wenn überhaupt notwendig, dann nach der schon nächsten Flasche Vernatsch !), zieht es uns schon wieder in den Vinschgau hinauf, und wenn wir schon so weit fahren, stehen auch gleich die Kulturstätten in Müstair und St. Johann in Taufers am Programm. Also ein randlos voller Tag 4 !
Wiesenwaale im Matscher Tal
Wir kannten diese beiden Waale schon vom August 2002. Beide verlaufen am Südosthang des auf die Weißkugel zu ziehenden Seitentals hoch über Schluderns. Vom Tourismus noch nicht entdeckt, erstreckt sich dort uraltes bäuerliches Kulturland, dessen sonst austrocknende Wiesen durch die beiden Waale bewässert werden. Steig daneben gibt es keinen, nur Spuren der Bewirtschaftung (Ränder ausstechen usw.), wobei wir die Bergbauern unmittelbar beobachten konnten. Talaus begleitete uns bei dieser ursprünglichen Waalwanderung der Blick in die Ortlergruppe. Im Talhintergrund blühten bei den Glieshöfen noch die Krokusse.
Abstecher nach Graubünden
An Mals mit seinen berühmten Kulturdenkmälern vorbei und über Laatsch (mundartlich “Lootsch” nach der äußerst informativen “Südtiroler Landeskunde” von Lutterotti, einem für uns wertvollen Wegweiser bei den Südtirolurlauben) fuhren wir über die Schweizer Grenze (seit voriges Jahr ohne Kontrolle) nach St. Maria im Münstertal – eine sogar für diese historische Landschaft (neben Mals und Kloster Marienberg) fast einzigartige romanische Kunststätte. Doch gleich anschließend gab es, schon wieder in Südtirol, als nächsten Höhepunkt die von zwei Grenzburgen überragte Kirche St. Johann in Taufers.
Ich habe darüber im “Granatapfel” geschrieben und füge hier meinen Text ein:
Wo die von Reschen- und Haidersee kommende Etsch den Vinschgauer Talboden erreicht, öffnet sich südwestlich in die Schweiz hinein das Münstertal. Noch vor der Grenz liegt Taufers, bewacht von zwei Burgruinen. Der Grundriss von St. Johann, einem ehemaligen Hospiz des Johanniterordens, geht auf die Form einer durch die Kreuzzüge in die Alpen „importierten” östlichen Kreuzkuppelkirche zurück. Einer der sonst gleichartigen Kreuzarme wurde um 1250 als zweigeschossige Halle zur Unterbringung der Pilger ausgebaut und mit Fresken ausgeschmückt. Noch weiter zurück in die Vergangenheit reicht das Kloster von Müstair, wurde es doch bereits unter Karl dem Großen begründet. Die im 15. Jh. ausgebaute dreischiffige Hallenkirche mit ihren romanischen Apsiden zeigt im Inneren einen um 800 entstandenen Zyklus karolingischer Wandmalereien. Im Gegensatz zum Dämmerlicht der Tauferer Hospizkirche entfalten die Gemälde von Müstair in ihrer weiträumigen gotischen Umrahmung eine großartige, monumentale Wirkung.
Bei der Rückfahrt in den Vinschgau kommt man in der Talenge zur Calvenbrücke, dem Schauplatz der furchtbaren Schlacht des Jahres 1499. Beim Feldzug der Habsburger gegen Graubünden erwarteten hier 12 000 Mann in einer Stellung verschanzt das Heer der Bündner. Die an Zahl und Ausrüstung weit unterlegenen, aber gebirgserfahrenen Schweizer gelangten über Klettersteige in den Rücken der feindlichen Stellung. Von zwei Seiten angegriffen wurden die habsburgischen Soldaten niedergemetzelt.
Die siegreichen Schweizer verwüsteten den oberen Vinschgau und auch das nahe Glurns. Dieser strategische Punkt wurde als kleine Festungsstadt um 1510 wieder aufgebaut und hat seither sein Aussehen kaum verändert. Innerhalb der Befestigungen befinden sich nicht nur Bürgerhäuser mit ihren typischen Laubengängen, sondern hier wurden auch bis in jüngere Zeit die Gehöfte der Glurner Ackerbürger bewirtschaftet. Wenn auch nicht mehr Hühner in den Tortürmen hausen und Kuhherden durch die Gassen trotten, wie es in älteren Kunstführern heißt, der pittoreske Eindruck dieser bäuerlichen Burgstadt ist noch immer erhalten.
Die Festungsstadt Glurns
Nach der Calvenbrücke, dem Schauplatz der habsburgischen Niederlage gegen die Eidgenossen, bogen wir nach Glurns ab. Dort gab es die erste Stärkung am frühen Abend (!) per bestem Capuccino und einem “Heidenkuchen” (aus Maismehl). In den Fensterscheiben der malerischen Häuser spiegelten sich die noch tief verschneiten Gipfel. Die Rückfahrt nach Lana dauerte zwar gar nicht so lange, aber dennoch beschlossen wir, für die nächste Tour in den Vinschgau die Bahn zu benützen….
So ein langer Blog-Bericht, aber es war auch ein erfüllter Tag, der gar nicht lang genug sein konnte für all die Erlebnisse !
1 Reaktion zu “Vischgau & Münstertal: Von kultivierter Natur zu Kulturdenkmälern”
mit größtem interesse gelesen, wer weiß ob wir es überhaupt in der schule gelernt haben
kann mich an einen mitschüler “von lutterotti” erinnern, vielleicht war es der oben erwähnte
die tagesleistungen scheinen enorm gewesen zu sein
HB