Ein Wahnsinns-Wochenende im Toten Gebirge (31.7. – 2.8.2009) – Teil 2
4. August 2009 von Eli
Auf den Großen Priel (2515 m), 1.8.2009
Die Nacht war ganz ok, es gab nur da und dort kurz leises “Röcheln”, keine wirklichen Schnarcher. Vor denen “fürcht” ich mich immer, wenn ich in einem Lager schlafen muß. Ich habe zur Sicherheit Ohrstöpsel mit, verwende sie aber nicht. Recht zeitig stehen die ersten auf, fast alle haben heute lange Touren vor.
Ich lasse mir Zeit, auch damit ich beim Frühstück nicht so lange warten muß. Ich will ja heute “nur” auf den Großen Priel. 800 hm, angeschrieben steht 2 Std. – nicht so was wildes. Naja, so kann man sich täuschen.
Als eine der letzten, um 8:15 mache ich mich auf den Weg. Eigentlich hatte ich vorgehabt, umzudrehen, falls es mir zu schwierig würde, v.a. im Hinblick auf den Abstieg. Tja – da hätte ich nach 15 Min. schon umdrehen müssen! Die erste Leiter war ja noch ok. Kurz danach eine furchtbar abgeschmierte Felsstelle ohne rechte Tritte, mit einem Drahtseil.
Na super – rauf komm ich ja da so irgendwie, aber runter? Hilft nichts, weiter. Mit viel Vorsicht, ich bin alleine unterwegs – etwas unerwartet, aber die meisten kommen von der anderen Seite (Hinterstoder, Prielschutzhaus) hinauf. Von der Welser Hütte aus machen die meisten den neuen Klettersteig auf den Schermberg.
Nach ca. 1 Std. kommt noch einer von uns, Gerhard, nach. Er bleibt eine Weile bei mir, bis zur Halbzeit des Aufstiegs, dem Fleischbanksattel (bis hierher 1 ½ Std. – soviel zum Thema “2 Std. auf den Gipfel”!). Vom Fleischbanksattel geht es rechts (westlich) zur Pühringer Hütte (dort war ich als Kind schon) und auf dem Normalweg auf den Schermberg, und links hinauf zum Großen Priel.
Jetzt wird das Gelände deutlich leichter, mittelsteil, schottrig, aber nicht so unangenehm wie unten. Nach einer weiteren ¾ Stunde komme ich zu einer Abzweigung, hier kommt der Weg vom Prielschutzhaus herauf. Ab jetzt sind “die Massen” unterwegs. Da nur mehr 60 Höhenmeter fehlen, denke ich mir, no da bist jetzt gleich oben. Nur wieso steht auf der Tafel “30 min.”?
Nach wenigen Metern weiß ich es – es gilt, noch einen langen fast ebenen Grat zu überwinden – der Gipfel ist erst ganz hinten rechts! Eindeutig an den vielen Menschen zu erkennen! Gipfelkreuz gibt’s allerdings momentan keines, das hat im Winter der Sturm umgeweht, das neue wird am 15.8. montiert.
Kurzfristig denke ich mir, nein, ich mag jetzt nimmer. Aaaber! Jetzt hab ich mich insgesamt über 1700 hm raufgeplagt – und dann geh ich nicht auf den Gipfel? Außerdem – ich hätt mich nicht mehr zu den anderen getraut, wenn ich hätte sagen müssen, ich war nicht oben (und das nur, weil ich nimmer mochte, nicht wegen zu großer Schwierigkeiten). Also weiter!
Der Grat ist breit, man muß schon aufpassen, aber wirklich gefährlich ists nicht. Endlich bin ich dann am höchsten Punkt angelangt. Ich verschnaufe kurz – auf einmal großes Hallo! “Ja, Eli, gibt’s denn das? Du bist auch hier?” Das waren ein paar andere Forumsleute, die von Hinterstoder aus herauf sind! Ich freue mich riesig, sie zu sehen, sie aber auch – und sie beglückwünschen mich, daß ich es bis hierher geschafft habe!
Sie verabschieden sich dann bald und ich lasse mich am Fundament des alten Kreuzes sehr bequem nieder. Verzehre mein Brot, und trinke reichlich. Gerhard, der vor mir oben war, hat auf mich gewartet, macht ein paar Fotos – und erklärt mir die Aussicht! Darüber freue ich mich sehr, weil es mich sehr interessiert – und da ja sonst von uns niemand am Gipfel ist (außer Gabi, die auf den Fotos auch drauf ist), bekäme ich sonst keine Erklärungen.
Ein bissl was erkenne ich ja selber, z.B. die sehr charakteristische Ansicht des Dachsteins mit seinen Gletschern von Norden. Daran anschließend die Schladminger und dann die Rottenmanner Tauern, ganz in der Nähe die Hutterer Höss (Schigebiet in Hinterstoder). Auf der anderen Seite sieht man den Kasberg (auch ein Schiberg) und etwas weiter weg den Traunstein und den Schafberg. Und und und – es ist einfach herrlich! Ich kann es kaum glauben, daß ich es wirklich geschafft habe und hier oben stehe!
Nach einer längeren Pause mache ich mich an den Abstieg. Zunächst über den Grat, dann hinunter zum Fleischbanksattel, das geht ja noch so halbwegs. Viel schneller als im Aufstieg bin ich trotzdem nicht, die ewige “Krux”, das runtergehen. Danach wird’s dann mühsamer, ich bin jetzt auch schon recht müde. Trotzdem konzentriere ich mich sehr auf den Weg und darauf, wo ich hinsteige.
Die Drahtseilpassage verlangt mir noch einmal alles ab, kurzfristig wird mir etwas mulmig. Rufe mich aber sofort zur Ordnung und schaffe es dann doch ganz gut. Der Rest ist nicht mehr so schlimm, die Leiter noch mit etwas unangenehmem Einstieg, dann noch 10 min. und ich bin wieder zurück bei der Hütte.
Die meisten sind von ihren Touren auch schon wieder da und ich werde wieder begeistert empfangen. Natürlich fragen sie sofort, ob ich oben war! Ja, ich war oben! “Toll, super, Eli! Wir sind stolz auf Dich!” – und das von Leuten, die durchwegs um Eckhäuser besser sind wie ich! Auch das ist für mich ein schönes Erlebnis, diese Bewunderung und Anerkennung meiner Leistung!
Ich gehe in die Hütte, ziehe Schuhe aus, rauf aufs Lager, umziehen, kurz lege ich mich hin, aber es hält mich nicht lange. Runter, was trinken – ich hatte zu wenig Wasser mit – und dann raus vor die Hütte. Hier gibt’s ein paar Liegestühle, einer ist frei für mich. Der Rest des Nachmittags ist Entspannen und Genießen! Später kommen auch Günter und seine “Mitwanderer”, sie haben eine große Runde gemacht, mit Kletterei. Auch sie sind sehr zufrieden und auch Günter freut sich mit mir über meinen Gipfelsieg!
Es wird dann recht bald wieder kühl, nachdem es tagsüber sogar in dieser Höhe sehr warm war. Wir gehen hinein in die Hütte, heute kann ich was ordentliches essen. Maccaroni diavolo – nur wo da drin der Teufel geblieben ist, das wissen wir alle nicht. Von scharf keine Rede – dafür sehr gut! Auch heute verschwinde ich relativ rasch hinauf ins Lager. Morgen wartet ja noch der Abstieg auf mich – die heikelste Etappe!
Fotos von Gerhard Stöglehner, Günter Berhard, Martin “Lampi” und mir.