Einige Bilder habe ich separat verlinkt - ich arbeite noch dran!
Ende 1997 war der Entschluß gefallen: Ich wollte 3 Monate in Idre / Schweden auf der Huskyfarm von Uny Stenmyr verbringen. Idre liegt ca. 400 Km von Stockholm entfernt in der schwedischen Provinz Dalarnas. 2 Jahre zuvor hatte ich bei Uno einen 1-wöchigen „Arbeitsurlaub” verbracht. Gemeinsam mit 2 anderen Pärchen hieß es während dieser Woche Hunde füttern, mit Welpen spielen, Hundesch… wegräumen – was sich bei über 100 Huskys na-no-na-net als eine never-ending-story entpuppte. Aber auch der Spass kam nicht zu kurz: jeden Tag ging es für 2-3 Stunden mit den Hundeschlitten auf die Piste. Das hatte mir so viel Spass gemacht, daß ich beschloss Uno zu kontaktieren und nachzufragen, wie es denn mit einem längeren Aufenthalt aussehen würde.
Es ging relativ einfach: Uno brauchte dringend Hilfe. Wohnen könnte ich bei einem Freund in der Nähe des Kennels (Hundezwinger), Verpflegung gäbe es auch. Außerdem fahre er eh 1-2x die Woche in den ca. 20 Km entfernten Ort zum Einkaufen. Gesagt, getan. Da ich mit meinem 30. Geburtstags besonders unternehmenslustig geworden war, gab es kein Hin- und Herüberlegen und ich buchte den Flug nach Oslo. Dort mußte ich eine Nacht im Hotel verbringen um am nächsten Morgen den Bus nach Idre zu nehmen.
Da vor 11 Jahren in Norwegen die österreichische Bankomatkarte nicht funktionierte, hatte ich eine Kreditkarte mit Bankomatfunktion bei mir. Als ich zur späten Stunde in Oslo meine Bargeldvorräte aufstocken wollte – funktionierte dies nicht. Mir war wirklich das Geld ausgegangen. Das Hotelzimmer war bereits mit dem Flugticket bezahlt gewesen. Mein Bargeld reichte noch genau für das Busticket und Abendessen war schon Sense. Ich hatte zuletzt im Flieger gegessen – also harrte ich hungrig bis zum Frühstück im Hotel aus.
Am nächsten Morgen ging es los. Von der Busbegleiterin, die nach der Abfahrt mit einem Bauchladen voller Köstlichkeiten durch die Reihen ging, erfuhr ich, daß in Norwegen diese Kreditkarten oft nicht funktionieren – aber in SCHWEDEN, da geht’s wieder! Der Busfahrer hielt doch glatt an einem Bankomat, ich hob unter den Augen aller anderen Reisegäste Geld ab und wir fuhren weiter. Endlich konnte ich mir auch den Buskaffee und Snacks leisten
In Trysil holte mich Uno von der Busstation ab. Wir fuhren durch die Wildnis – als plötzlich völlig unerwartet eine Pizzeria auftauchte. Uno fragte mich, ob ich Hunge hätte. Hoch erfreut, daß ich nun nach den ganzen Strapazen gleich in eine nette Pizzeria eingeladen werde, wollte ich aussteigen. Aber Uno sprang aus dem Auto, rannte in die Pizzeria um nach wenigen Minuten mit einer Pizzaschachtel wieder raus zu kommen. Damit lud er mich mitten in der Nacht bei seinem Freund Göran - ebenfalls irgendwo mitten im Wald – ab. Da stand ich nun mit meiner zwischenzeitlich kalten Pizza. Göran freute sich über meine Ankunft, zeigte mir mein Zimmer, Küche und Bad. Er redete, erzählte und plauderte ungeachtet dessen, daß er weder Englisch noch Deutsch und ich kaum Schwedisch sprach. Dies sollte noch zu einigen lustigen Situationen führen. Totmüde fiel ich spät nachts in mein Bett. Plötzlich nach kurzer Zeit ließ mich ein schauderbares Schnarch-Geräusch aufschrecken. Ich drehte das Licht auf und sah, daß zwischen Decke und Mauer zu Görans Zimmer ein ca. 10 cm breiter Spalt war. Es klang, als würde Göran direkt neben mir liegen …. aber ich gewöhnte sich dran. Das Zusammenleben mit Göran sollte noch einige lustige Situationen mit sich bringen.
Am nächsten Morgen sah ich aus meinem Fenster und sah … einfach nur Wald. Schnee und Wald. Ich ging in die Küche, Göran hatte mir eine Tasse mit Kaffeepulver auf den Tisch gestellt. Dazu einen Brotlaib und ein Messer Er erzählte wieder weiter – ich verstand was von Tochter und studieren…. Ich sah auch aus dem Fenster im Wohnzimmer. Das gleiche Ergebnis: Schnee und Wald. … Göran brachte mich anschließend zum Kennel. Als ich die Haustüre öffnete – was soll ich sagen: Schnee und Wald und ganz weit hinten – ebenfalls mitten im Wald: Das Elternhaus von Göran. Seine Mutter kochte täglich für ihn und sein Vater brachte tagsüber das Essen ins Haus. Ich hatte sollte ja die Verpflegung von Göran bekommen.
Die erste Ankunft im Kennel
Ich kannte ja den Kennel – die Anlage, die Hunde, das Geheule und Gekläffe, den Geruch. Aber es war schon wieder ein Erlebnis, das alles zu sehen und zu spüren. Uno hatte einen Termin mit irgend einer Behörde und dem Vet. Amt. Also lernte ich dort Conny kennen. Eine etwa 22-jährige Norwegerin die auf dem Gelände in einem alten Bauwagen mit ihrem Rottweiler Caro wohnte. In seinem eigenen Bauwagen nebenan wohnte noch Charles, dessen Funktion oder Aufgaben auf dem Kennel bis zum Schluß für mich bis zum Schluß im Dunklen blieb. Ein wichtiger Bewohner war auf dem Kennel war auch Adam. Ein mächtiger – lt. Uno – türkischer Wachhund. Dieser lief frei herum und war ausgebildet nur in der Nacht keine Fremden auf dem Kennel zu dulden. Die Strategie des Hundes sei – lt. Uno – daß er niemals in der Nacht ins Licht kommt. Er bleibt im Dunklen, zwischen den Bäumen und greift dann sozusagen aus dem Hinterhalt an. Es wird die nächsten Wochen für mich einige tolle Geschichten zu hören geben .
Die Arbeit beginnt
Conny und ich machten uns gleich an die Arbeit: Das Füttern der Hunde mußte dringend beginnen. Das Futter besteht aus 25 kg Platten aus geforenen Faschiertem. Conny hatte bereits am Vorabend ca. 10 Platten Fleisch in einem geheizten Raum in verschiedenen Behältnissen aufttauen lassen. Dies mußte dann mit heißem Wasser zu einer Art Suppe angerührt werden. mit einem Schlitten rodelten wir das Ganze zum Zwinger. Dort wurde dann das Ganze in einige Metallnäpfe von etwa 1,5 x 0,8 Größe geschüttet. Die Hunde würden im Winter kein Wasser ohne “Geschmack” trinken. Deshalb die Fleischbrühe. Das Geheule der 100 Hunde war unglaublich! Wir ließen anschließend die Tiere aus ihren einzelnen Zwingern in den Innenbereich um anschließend das Tor zum Futter zu öffnen. Einmal kam ich sozusagen “unter die Hunde” weil Conny den Zwinger zu früh öffnete, und ich noch mitten im Rudel stand. Die Hundekörper rissen mich spruchwörtlich mit durchs Tor und ich kam am Boden zu liegen und die hungrigen Tiere stürzten über mich hinweg. Wir lachten noch oft darüber!
Später besuchten wir die Puppies. Die Hundemütter waren mit ihren Welpen etwas abseits der großen Anlage untergebracht. Ca. 20-25 Hundekinder gab es zur Zeit. Wir ließen die Mütter der größeren Welpen heraus und unternahmen einen Spaziergang durch den tiefen Schnee im Wald. Das trainiert die Welpen von Anfang an. Als wir zurückkamen entdeckte Conny, daß bei den kleinen Welpen zwei fehlten. Es kam vor, daß die Mütter tote oder kranke Hundebabys auffraßen – oder wie in diesem Fall – wir sie zufällig im Müll obenauf entdeckten. Uno hatte sie bereits tot entdeckt und … entsorgt. Damit mußte ich mich halt auch auseinandersetzen.
Die erste Ausfahrt
Uno, seine Freundin Rositta, Conny und ich packten 20 Hunde in den Transporter, die Schlitten kamen auf den Anhänger und wir fuhren ein Stück raus in den Wald. Der Start mit dem Hundeschlitten läuft so ab: Der Schlitten wird mit einem speziellen Knoten an einen Baum angehängt, dazu kommt ein 3-zackiger Anker für den Schnee. Die Hunde werden an die Zugleine, welche ebenfalls an einem Baum befestigt ist, geschirrt. Da das Rudel ziemlich aufgeregt und wild herumspringt muß alles möglichst schnell gehen. Ist man mit den Hunden fertig, wird erst die Zugleine gelöst, dann rennt man zurück zum Schlitten, löst den Anker, hängt sich möglichst fest mit einem Arm an den Griff, und löst mit der anderen Hand den hoffentlich richtig geknoteten Knopf mit einem festen Zug. Dann gibts – jedenfalls für den Anfänger – nur eins:
FESTHALTEN und möglichst nicht in der 1. Kurve RUNTERFLIEGEN.
Natürlich purzelte ich in den Anfängen sehr oft vom Schlitten. Die Hunde rennen weiter. Oft sah ich den Leader-Hund nach mir zurückschauen. Die anderen Hunde schoben ihn weiter. Und dann kommt der Augenblick, in dem er zu sagen schien: “Schei… drauf” den Blick nach vorne richten und ebenfalls Stoff gibt. Idealer Weise fährt man in dieser Situation nicht als 1. Kam auch nicht vor. Irgendwann holen die Hunde das 1. Gespann ein und der Musher wird während der Fahrt in die Hundeleinen greifen und beide Gespanne zum halten bringen. Wenn man dann auch noch das Glück hat, nicht der letzte in der Gruppe zu sein, klaubt einem der nächste auf. Natürlich war ich, gerade wenn wir mit Touristen unterwegs waren, die letzte und wenn ich aus der Kurve flog, mußte ich michzufuß auf den Weg hinter den Hunden her machen. Auf längeren Touren kann der Abstand zwischen den einzelnen Teams sich schon mal vergrößern, und so traf ich nach ca. 1 Stunde auf die inzwischen fröhlich um ein kleines Lagerfeuer sitzenden Touris nebst Uno. Meine Hunde waren lagen schön vertäut im Schnee und amüsierten sich sicher königlich über mich.
Der Alltag beginnt
Conny und ich verstanden uns gut. Charles machte sein eigenes Ding. Er hatte seine eigenen Hunde hier und war die meiste Zeit mit irgendwas beschäftigt. Tag für Tag erledigten wir unsere Arbeit. Tägliche Ausfahrt mit den Hunden, Schlitten reparieren, Zäune reparieren, Hunde füttern. Mit Geschrei und Besen bewaffnet gelegentlich auftretende Hunderauferein trennen. Berge von gefrorenem Lachs mit der Axt zerhacken und an die Hunde verfüttern. Hundehütten mit Stroh ausfüllen. Verletzte Tiere versorgen. Ausgebüchste Hunde einfangen … so sah in etwa der normale Tagesablauf aus.
Und da gab’s dann auch noch eine eigene Spezies:
Die Touristen
Man gewöhnt sich an die Temperaturen. Teilweise zwischen -10 und -20 Grad , nachts natürlich noch tiefer. Nach einer tagelangen sehr kalten Periode, stiegen das Thermometer auf etwa -5 Grad. Eine Aufgabe für Conny und mich war natürlich auch das Anspannen der Hunde und Vorbereiten der Schlitten für die Touris. Uno wählte die Hundeteams aus und die schweißtreibende Anspannerei erledigten Conny und ich. Jedenfalls war es uns bei -5 Grad doch etwas warm und wir arbeiteten in kurzärmeligen T-Shirts. Ein göttliches Bild, wenn die armen unterkühlten Touris in ihren funkelnagelneuen Polarausrüstungen uni daneben standen und etwas ratlos wirkten. Aber eine neue Erfahrung für mich war auch, TRINKGELD zu bekommen . Ich war beim 1.x vollkommen von den Socken und lehnte dankend ab. Conny nahm mich später auf die Seite und meinte, daß ich das doch annehmen sollte!!! Ich ging in mich, sprang über einen sehr kleinen Schatten und nahm in Zukunft dankend an.
Die Verpflegung
Nun, die Kochkünste von Görans Mutter waren sicher gut und ich erwischte Göran mal beim Ablecken seines Tellers … nur ich konnte es leider einfach nicht essen. Es ging nicht. Göran offerierte mir seinen extragroßen Tiefkühlschrank. Darin befand sich ein halber Elch. Selbst geschossen – in der Schonzeit. Göran war deshalb für 8 Wochen im Gefängnis. Das war anscheinend ganz nett, weil er sich erholt hat und der Staat einen “Verdienstausfall” für die Zeit bezahlt hätte. Jedenfalls hab ich mir da gelegentlich ein schönes – wenn auch nicht genau an irgendwelche Körperteile zuordenbares Stück Fleisch genommen und es gebraten. DAS schmeckte dann mit Kartoffeln schon sehr köstlich!
Aus dem Tagebuch
Jeden Tag passierte etwas – entweder mit den Hunden, Uno gab eine besondere Geschichte zum besten, oder Göran versucht mir irgendetwas klar zu machen.
Eines Tages nach starkem Schneefall in der Nacht mußten wir die einzelnen Zwingertüren von Schnee und Eis befreien. Auf allen vieren kratzen und klopften wir herum. Die Hunde waren richtig begeistert von unserem Tun und so manche Hundeschnauze im Gesicht und am anderen Ende vereinfachte das Ganze auch nicht. Auch mußte ein Teil des etwa 2,5 m hohen Zaunes repartiert werden. Dazu gruben wir unter etwa 1,5 m Schnee so eine Art Bauzaun aus, klopften ihn halbwegs gerade und bauten ihn in den Zwinger eine. Der Muskelkater am Abend hatte sich gewaschen.
Eines Tages waren wir zu einer Vorführung nach Idre eingeladen. Wir packten einíge Hunde in den Lastwagen, die Schlitten dazu und los gings. Man hatte dort eine kleine Route aufgebaut und wir fuhren mit 4-er Teams Touristen im Kreis. Das war ganz lustig. Bis spät in der Nacht gings zu wie auf dem Rummel. Die Hunde schienen sich über die Leute die in der Schlange auf “Ihre Tour” warteten auch zu amüsieren. Eine Frau viel vom Schlitten und lief laut schreiend den Weg entlang. Ihre Freundin, die im Schlitten saß, kreischte ebenso. Das feuerte die Hunde natürlich an. Ich konnte das Hundeteam stoppen und mit beiden Gespanne das Stück zurückfahren. Beide Frauen waren etwas von der Rolle .
Eines Morgens bekam ich die Haustüre nicht auf – irgendwie war sie verklemmt. Also stieg ich durch das Küchenfenster aus – und spannte es von außen zu. Normaler Weise sind hier draussen die Türen der Häuser offen, falls jemand einen Unfall hat oder sich ungeplant im Freien aufhält und sich retten muß. Aber in meinem Fall war die Türe einfach eingefroren.
Die Kommunikation mit Göran war ja, wie bereits gesagt, etwas schwierig. Wollte Göran mir etwas Wichtiges mitteilen, griff er zu Telefon und rief Uno’s Freundin Rositta an. Dieser erzählte ihr auf schwedisch das Ganze, gab mir anschließend den Hörer um mir von Rositta die englische Übersetzung anzuhören. Eine sehr markante Geschichte dazu blieb mir im Gedächtnis:
Nun, Göran war dem Bierkonsum ab Samstag mittag sehr zugetan. Er erzählte mir in seinem bierseeligem Zustand aufgeregt und gestenreich eine Geschichte. Diese schien mir wichtig, so nickte ich nicht einfach “verständnisvoll” mit dem Kopf sondern griff zum Telefon. .. Rositta konnte sich anschließend vor Lachen kaum Reden: Göran wäre mit dem Snowmobil (er fährt ja nicht Auto, wenn er getrunken hatte ) nachhause gefahren und habe im Wald ein KÄNGURUH gesehen. Wir amüsierten uns köstlich – später kam Uno auch vorbei und keiner wollte Göran glauben. Bis… am nächsten Tag Rositta anrief und erzählte, daß einem Zirkus in der Nähe ein Känguruh ausgebüchst sei … Nun, das war natürlich auch wieder ein Grund für allgemeiner Heiterkeit.
Täglich mit den Hunden zu arbeiten hatte auch seinen Preis. Der penedrante Geruch nach Fisch, Fleisch und Hund war nicht aus der Kleidung und vom Körper zu bringen. Besonders wenn die Temperatur etwas anstieg, wars schon unangenehm. Ich hatte 3 Garnituren “Arbeitsgwand” mit. Fast jeden Tag wusch ich es in der kaputten Maschine von Göran. (Man mußte die Wasserzufuhr immer händisch an- und abstellen …) Ich trocknete die Wäsche in der Kälte und holte die steifgefrorenen Sachen zum “nachtrocknen” ins Haus.
Eines Tages gab es unter den Hunden eine Rauferei. Conny und ich rannten aus dem Bauwagen hinaus, hinein in den Zwinger. Es passierte manchmal, daß Adam irgendwie in den Zwinger kam, mit den anderen Hunden spielte, und das Ganze plötzlich aus dem Ruder lief. Jedenfalls hatte Adam einen Husky an der Gurgel und andere Hunde bissen auf ihn ein – und ich sah erst als ich hineinrannter, daß die Hunde begonnen hatten, diesen Husky anzufressen. sie hatten ihm bereits Fleischstücke aus aus dem Hinterteil gebissen. Adam ließ sofort los als ich ihm mit einem Stock auf den Rücken schlug. Wir trugen den verletzten Hund in die Hütte. Er schien unter Schock zu stehen. Uno kam, gab ihm ein Schmerzmittel und Conny und ich fuhren den Hund mit dem Lastwagen.. ob der mit meinem Führerschein noch gedeckt war … zum nächsten Tierarzt – etwa 50 km entfernt. Der Hund überlebte gottseidank – nach einigen Tagen im Einzelzwinger und täglichen Medi-gaben erholte er sich wieder. Seither kann ich Hunden Tabletten verabreichen
Eines Tages fuhr ein deutsches Touristen-Team alleine aus – Uno kannte sie anscheinend und meinte, das würde OK gehen. Nach Ihrer Abfahrt – inzwischen war ich oft ganz alleine am Kennel – Uno mit einer Wochentour-Gruppe unterwegs, Conny war ebenfalls oft tagelang nicht da – war ich auf mich alleine gestellt. Charles lebte sein eigenes Leben und wenn ich Hilfe brauchte, wars dann schon oft nicht leicht diese von ihm zu bekommen. An jenem Tag als die deutschen Touristen sich für den Tagesausflug auf den Weg gemacht hatten, ließ ich die restlichen – etwa 50 Hunde – des großen Zwingers im Innenteil laufen. Man muß sich das so vorstellen: viele einzelne Zwinger mit je ca. 3 bis 6 Hunden sind um einen Art Innenhof gereiht. Jene Huskys die nicht unterwegs sind, kommen 1-2x pro Tag zum herumrennen aus ihren Zwingern. Da muß man allerdings dabeibleiben um eventuelle Meinungsverschiedenheit der Hunde rasch trennen zu könnnen. Wie das ausgehen kann, habe ich oben beschreiben. Nach etwa 1 Stunde müssen die Hunde wieder in ihre Zwinger zurückgebracht werden. Einige machen sich dann von alleine auf den Weg, andere müssen eingefangen und zurückgebracht werden. Alles im allen eine permanente Arbeit. Jedenfalls kam an diesem Nachmittag eine Familie vorbei und wollte sich erkundigen. Ich zeigte ihnen die Hunde, Schlitten, gab ihnen Infomaterial und ließ eine Hündin mit ihren Welpen raus zum streicheln. Die Familie freute sich, versprach wiederzukommen und verließ das Kennel. Just in diesem Augenblick kehrten die deutschen Tages-Touristen zurück. Am Eingang des Kennels begannen sie zu fotographieren und die Touris hielten. Interessanter weise wollted anach das 1. Hundeteam nicht weiter – keine Ahnung warum, aber sie standen dort 200 m entfernt und waren irritiert. Ich begann zu springen und schreien, um die Hunde anzufeuern, was schließlich funktionierte. Als sie hier waren, stellte ich fest, warum sie nicht weiterliefen. Sie waren wahnsinnig erschöpft. Nach dem versorgen und füttern der Hunde saßen wir noch im Zelt bei Grillwürstel und Tee zusammen. Im Gespräch erfuhr ich warum: Diese “Superprofis” hatten die Hunde in keinster Weise unterstützt – weder durch schieben und mitlaufen, wenn es steil wurde, noch mit einer größeren Rast. Sie hatten extra ein Team mit jüngeren, noch nicht so erfahrene Hunden (außer den Leadern natürlich) bekommen, damit diese ein Training erhalten. An diesem Abend, ich war wieder alleine und meine Abschlußkontrollrunde ging – Charles war auch wieder da, bemerkte ich, daß der verletzte Hund – ach ja, ich habs aus meinem Tagebuch nun entziffert: er hieß Grüff, wieder blutete und das nicht zuwenig. Ich konnte Rositta telefonisch nicht erreichen – also holte ich Charles zur Hilfe. Es war schwierig ihn aus seiner warmen Bauhütte zu locken. Aber Grüff brauchte Hilfe. Er lag in seiner Box und wedelte freundlich. Schließlich konnte ich Charles überzeugen mir zu helfen. Wir trugen Grüff in den Bauwagen und sahen uns die Wunde an. Grüff hatte die Naht an seinem Hinterteil aufgerissen. Wir versorgten ihn, reinigten die Wunde und ließen ihn über nacht im Wagen. Die Temperatur mußten wir natürlich abdrehen, weil ihm sonst zu heiß geworden wäre.
Am nächsten Tag machten Charles und ich uns auf den Weg wieder zum Tierarzt. Ich hatte verweigert wieder mit dem Lastwagen selber zu fahren .. Der Tierarzt nähte die Wunde wieder zu, verpasste Grüff diesmal einen Trichter um den Hals und wieder Penicillin. Schweigend fuhren wir zurück, der narkotisierte Grüff neben mir. Da wurde es mir schon ein bissi zuviel das Ganze. Vor allem, weil ich plötzlich einen Berg Verantwortung alleine hatte. Conny hatte in diesen Tagen auch gekündigt und war nach Hause gefahren. Und eine ”Praktikantin”, ein zierliches Mädchen namens Aileen ohne jedliche Erfahrung, Kraft und Biss hatte begonnen. Es war ein Drama. Sie ekelte sich vor dem Hundefutter und war überhaupt ein bissi am verlorenen Posten hier. Ihre Vorstellung vom Husky & Co waren eher romantischerer Art….
Mir fehlte Conny sehr. Rositta war selten hier und wann dann stellte sie den Kinderwagen mit ihrem etwa 4-monatigen Baby bei mir ab um wieder zu verschwinden. Leider war das Kind mehrfach behindert, blind und taub - und es schlief die ganze Zeit. Also schob ich beim Welpenausflug den Kinderwagen auch noch mit mir. Heute gesehen einfach unglaublich das Ganze. Aber da wars so und das Baby hat mir unglaublich leid getan, aber ich hatte noch kein eigenes Kind um das auch richtig einschätzen zu können. Heute hätte ich das so nicht zugelassen. Das Baby lag auch manchmal stundenlang im Auto… “ach es schläft eh” Ich guckte trotzdem oft hinein, ich sah es niemals wach. Einmal kamen mir seine Lippen so bläulich vor und lief zu Uno. Der meinte nur, daß das normal sei …
Einmal neigten sich die Fleischvorräte zu Ende und ich öffnete die letzte der 3 Kühlwagentüren, räumte raus, und beugte mich weit hinein um an das Fleisch zu kommen … und blickte in das Gesicht eines Hundes – eines gefrorenen Hundes. Uno hatte glatt die toten Hunde hinter dem Futter gelagert. Später erzählte er mir, daß er sich eine Pelzkappe und ein Gilet aus dem Fell machen lassen wollte. Ja, gut, warum auch nicht. Wärmt. Und die Hunde sind eh tot. Ich gestehe, ich hab ein bissi drüber nachgrübeln müssen, was ich davon halten sollte.
Conny und ich entschlossen uns einen Ausflug mit Übernachtung im Tippi zu machen. Früh morgens schirrten wir die Hunde an – jeder 6 Stück, wir packten Schlafsäcke und Essen ein und machten uns auf den Weg zum Lager. Ca. 50 km fuhren wir diese wunderschöne Route quer über den See von Idre, hinein in den Naturpark. Wir hielten unterwegs, kochten Tee auf einem Lagerfeuer (ja das geht auch auf Schnee) und kurz vor unserem Ziel mußten wir noch Brennholz für das Tippi besorgen. Abgestorbene Bäume durfte man fällen. Also stapfte Conny bewaffnet mit einer kleinen Axt in den Wald. Dort hackte sie so ebenmal eine ca 5 m hoche Baumruine um, zerrte, schleppte und trug diese im Ganzen zum Schlitten, befestigte den Baumstamm und schleppte ihn zum Zelt. Dort angekommen versorgten wir natürlich als erstes die Hunde. Conny’s Rottweiler Caro war natürlich auch mit von der Partie. Dann gings ans Holz hacke und Feuer machen. Das Tippi hatte einen Durchmesser von etwa 5 m und in der Mitte befand sich ein altes Fass was als “Ofen” umfunktioniert war. Wir heizten gut ein, sehr gut. Es wurde obwohl die Zeltwände nicht bis zum Boden reichten und oben naturgemäß ein großes Abzugloch für den Rauch war, schon warm. Wir hatten eine Menge Spass als wir das ganze Holz in das Tippi schafften, denn unser Ziel war, es bis zum Morgen brennen zu lassen. Wir brieten ein dickes Stück Fleisch über dem Feuer und tranken Tee aus dem Wasser des kleinen Baches neben dem Lager. Daß wir erst Eis hacken mußten, um an das Wasser zu kommen ist eh klar . Am Abend breiteten wir die Rentierfelle aus und legten uns in unsere Schlafsäcke. Caro, der Rottweiler hatte natürlich nicht das passenede Fell für eine Nächtigung im Freien – er wäre erfroren, wenn Conny ihn auf ihren Ausflügen nicht mit in denn Schlafsack nehmen würde. Das wollte ich diesmal machen. Nur Caro wollte nicht, er fands schön am Lagerfeuer. Bis … plötzlich in der Nacht eine aufdringliche Hundeschnauze an meinem Schlafsacköffnung (den Kopf hatte ich ja ganz drinnen) herumbohrte. Conny hatte Caro wirklich weggstubst als er zu ihr wollte und ihm “gesagt” daß er zu mir gehen sollte. Na gut. Dem Hund war wirklich sehr kalt – es hatte an die -20 Grad – und ich hatte mir allerdings nicht überlegt, wie das jetzt anstellen sollte. Also holte ich meinen dicken “Jakpullover” aus dem Schlafsack und wollte den Hund damit zudecken. Das war aber zuwenig. Das Tier war gewohnt, in Conny’s Schlafsack zu schlafen, und da wollte er jetzt auch hin. Ein tiefes, mächtiges Knurren kam aus seiner Kehle – ich wußte zwar, daß das ein Ton mit ähnlicher Bedeutung wie das Schnurren einer Katze hatte .. aber trotzdem … er war ein sehr, sehr großer Hund. Göran hatte mir in seiner unendlichen Hilfsbereitschaft zusätzlich seinen Schlafsack zur Sicherheit mitgegeben. Den breitete ich aus und deckte Caro damit zu, er rollte sich auf den Rücken und wollte den Bauch gekrault haben. .. Am nächsten Morgen war das Feuer (natürlich) aus, keiner war aufgewacht um Holz nachzulegen.
Einer der schwersten Schritte nach einer Nacht im Freien war das Aufstehen. Raus aus dem gemütlich warmen Schlafsack, oft hatte es in der Nacht geschneit und man lag auch noch unter einen feinen Schicht Schnee – soviel wie halt beim Rauchabzug reinkommt. Dann der meistens dringliche Weg zur Toilette. Diese “Toilette” befand sich am Rand des Lagers – auf einer kleinen Erhöhung hatte Uno ein Brett mit Isomatte und Loch zwischen 3 Bäumen befestigt. Dahinter befand sich der “Abgrund” von ca. 2 m Tiefe. Es gab auch eine Art “Klodeckel” – ein Brett mit einem Ast an dem sich ein roter Fetzen Stoff befand. Öffnete man den “Klodeckel” schwenkte der Ast in die Höhe und man konnte vom Zeltplatz aus an dem fröhlich flatternde Fähnchen erkennen, daß jemand “saß”.
Am Morgen packten wir unsere Sachen zusammen und fuhren wieder nach Hause. Wir kamen am Nachmittag an und ich war so fertig, daß ich einfach heim und ins Bett mußte. Conny lachte, für sie war eine Übernachtung im Freien nicht unbedingt was außergewöhnliches. Ich stapfte also nachhause und Charles überholte mich – er fragte, was passiert sei, warum ich so dreckig im Gesicht wäre … Ich sah in seinen Seitenspiegel! Mein Gesicht war von Ruß geschwärzt, ich hatte mich bei der ganzen Feuermacherei einfach komplett eingedreckt – Conny sah nicht so aus
Ich habe dann noch ein paar Mal in dem Zelt genächtig – es gab auch alte Bundesheerzelte mit kleinen provisorischen Holzöfen aus ausgeschnittenen Blechkanistern – die waren zwar “wärmer” aber besser wars im Tippi.
Uno erzählte auch gerne und mit viel Überzeugung wilde Geschichten aus dem Leben eines Mushers:
Z.B. Er fuhr mit einigen Touristen eine Huskytour und kam an einem Eisangler vorbei – er dachte jedenfalls, daß er Angeln würde. Jedenfalls saß dieser am nächsten Tag noch genauso da wie am Tag zuvor. Es stellte sich heraus, daß er gestorben war.
Eine andere Geschichte war, daß ein Mann ohne Mütze mit dem Schneescooter unterwegs war und ihm dabei sein Gehirn einfror und er tot auf dem Scooter saß.
Oder daß er immerwieder Bärenspuren am Kennel findet – Conny sollte gut aufpassen wenn sie nachts rausgeht wenn die Hunde bellen (Conny hat sich herzlich bei ihm bedankt )
Freue mich schon auf die Bilder, wenn ich auch mit meinen Beiträgen schon in die Gegenrichtung unterwegs bin! BB
… schon sind ein paar da!